Die Digitalisierung wird in kommenden Jahren zum Verschwinden vieler Arbeitsaktivitäten führen. Was McKinsey in seiner aktuellen Studie für die Schweiz bis 2030 voraussagt ist nichts Neues. Ähnliche Szenarien haben bereits der Thinktank Avenir Suisse oder das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) prognostiziert. Doch der Bericht zeigt konkret, was auf die Schweiz zukommen könnte und verdeutlicht, welche Risiken mit der Digitalisierung verbunden sind.
Bis zu 1,2 Millionen Jobs verschwinden
McKinsey spricht von 1 bis 1,2 Millionen Arbeitsplätzen, die der Automatisierung und Digitalisierung zum Opfer fallen könnten. Diesen Zahlen stehen jedoch 800'000 bis 1 Million neuer Jobs gegenüber, welche die Entwicklungen hervorbringen könnten. Damit diese Arbeitsplätze aber auch tatsächlich besetzt werden, müssen die richtigen Kompetenzen vorhanden sein. Um diesen Wandel zu bewältigen, brauche es Investitionen in die Aus- und Weiterbildung, folgert McKinsey.
Betroffen sind vor allem jene Beschäftigten, deren Jobs nur einfache kognitive oder körperliche und manuelle Fähigkeiten erfordern. Hier rechnet McKinsey mit einem Abbau von 20 Prozent. In Bereichen, in denen soziale, emotionale und technologische Kompetenzen gefragt sind, würde der Bedarf an Arbeitskräften um 20 respektive 50 Prozent steigen.
Die Studie von McKinsey zeigt auf, dass Unternehmen die neu benötigten Kompetenzen in Zukunft nicht einfach „einkaufen“ können. Sie sind gefordert, ihre bestehenden Mitarbeiter mit gezielter Weiterbildung auf die neuen Anforderungen vorzubereiten. Tun sie dies nicht, werden sie nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Weiterbildungsaktivitäten der Schweizer Betriebe zur Bewältigung der digitalen Transformation insgesamt ausreichend sind.
KMU im Rückstand
Die aktuellen Zahlen des BFS zur Weiterbildungsaktivität von Betrieben legen nahe, dass dies nicht der Fall ist. Gerade KMU sind weit davon entfernt, das Weiterbildungspotential ihrer Mitarbeitenden voll auszunützen. Eine Analyse der SKBF im Rahmen des Bildungsberichts kommt zudem zum Schluss, dass die Unternehmen trotz Digitalisierung in den letzten Jahren nicht weiterbildungsaktiver geworden sind.
Dass deshalb Handlungsbedarf besteht, bringen sowohl die Strategie „Digitale Schweiz“, die kürzlich vom Bundesrat gemeinsam mit einem Aktionsplan verabschiedet wurde, wie auch der Bericht „Herausforderungen der Digitalisierung für Bildung und Forschung der Schweiz“ aus der Feder des SBFI zum Ausdruck.
Forderungen und Vorschläge des SVEB
Aus Sicht des SVEB reichen die bisher initiierten und vorgesehenen Massnahmen allerdings bei weitem nicht aus. Um die Weiterbildungsaktivität von Unternehmen auf ein Niveau zu heben, mit welchem die digitale Transformation erfolgreich bewältigt werden kann, fordert der SVEB ein finanzielles Anreizsystem. Dieses muss so ausgestaltet werden, dass bestehende Investitionen in die Weiterbildung nicht verdrängt, sondern optimal ergänzt werden.
Eine Lösung wäre ein von den Unternehmen und der öffentlichen Hand gleichermassen gespiesener, nationaler Weiterbildungsfonds, welcher in Kombination mit einer Informations- und Beratungsoffensive effektive Anreize für Investitionen in die Weiterbildung setzt. CVP-Ständerat Beat Vonlanthen hat Ende September eine entsprechende Motion lanciert.
Zwischenstopp Arbeitslosigkeit
Die Studie von McKinsey zeigt schliesslich auf, dass nicht alle Erwerbstätigen die digitale Transformation ohne Zwischenstopp in der Arbeitslosigkeit bewältigen werden können. Dies betrifft nicht nur Geringqualifizierte sondern auch gut ausgebildete Erwerbstätige. Die Arbeitsmarktbehörden werden in Zukunft noch weit stärker gefordert sein als bisher, Arbeitslose mit Weiterbildungen auf die neuen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt vorzubereiten. Das SECO wird sein häufig wiederholtes Credo, dass Weiterbildung keine primäre Aufgabe der Arbeitslosenversicherung sei, rasch überdenken müssen.
