Schutzkonzepte bieten Sicherheit und schaffen Vertrauen


Die Weiterbildung hat gelernt, mit Schutzmassnahmen zu leben. Von Kursleitenden und Kursteilnehmenden werden sie gar ausdrücklich begrüsst. Aber von einer neuen Routine kann keine Rede sein.

Am 17. März 2020 trat das Verbot von Präsenzunterricht auch für die Weiterbildung in Kraft, ein schwarzer Tag. Erst am 11. Mai wurde dieses gelockert, zunächst konnten Weiterbildungsveranstaltungen mit bis zu fünf Personen stattfinden. Voraussetzung war jedoch, dass ein Schutzkonzept vorgelegt werden konnte, welches den Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) entsprach. Der SVEB unterstützte die Weiterbildung dabei, indem er bereits am 4. Mai ein Grobkonzept präsentierte, das als Vorlage dienen konnte.

Für viele Weiterbildungsanbieter war die Wiederaufnahme des Unterrichts zu diesem Zeitpunkt jedoch wenig sinnvoll, zumal der damals vorgeschriebene Mindestabstand von zwei Metern kaum einzuhalten war: Nicht allein fehlten Räume, die genügend Platz boten, auch war eine Durchführung mit nur vier Teilnehmenden oftmals kaum rentabel. Für verschiedene Anbieter hätte allein schon eine Reduktion des Mindestabstands auf 1 Meter 50 die Situation entschärft, wie aus verschiedenen Rückmeldungen, die beim SVEB damals eintrafen, hervorging. Doch erst auf den 8. Juni hin wurden die strengen Vorgaben gelockert. Ab dann galt: Konnte der Mindestabstand nicht eingehalten werden, waren Schutzmasken oder Trennwände erlaubt bzw. mussten die Kontaktdaten der Teilnehmenden erfasst werden. So streng die Vorgaben bis zu diesem Zeitpunkt waren, so flexibel wurden sie nun. Einzig die Hygienemassnahmen mussten weiterhin ebenso eingehalten werden. Auch sollten Personen mit Symptomen dem Unterricht fernbleiben. Auf jeden Fall aber musste ein Schutzkonzept vorliegen.

Situation wird ernst genommen

Die zahlreichen Anfragen zur Interpretation solcher Schutzkonzepte zwischen Anfang Mai und Anfang Juni legen nahe, dass die Branche die Herausforderung durchaus ernst genommen hat. Schwarze Schafe, die Schutzkonzepte und Hygieneregeln gänzlich ignorierten, dürften die absolute Ausnahme gewesen sein, schon allein deshalb, weil auch Kursleiterinnen und Kursleiter sowie Kursteilnehmende zunehmend sensibilisiert waren. Dies geht aus den Antworten von sechs Institutionen hervor, die vom SVEB zur Umsetzung der Schutzkonzepte in diesen Tagen befragt wurden. Angefragt wurden Schulen aus der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Fachhochschulen, Hochschulen, branchenspezifische Anbieter sowie Schulen mit einem allgemeinen Weiterbildungsangebot.

Alle Institutionen meldeten, dass die Anwendung von Schutzkonzepten von einer Mehrheit der Kursleitenden deutlich begrüsst wurde, auch wenn es in einzelnen Fällen etwas Zeit brauchte, bis die vorgeschriebenen Massnahmen – etwa die Maskenpflicht – verinnerlicht waren. Claudia Zürcher, Leiterin Ressort Bildungspolitik der Kalaidos Bildungsgruppe: «Vor allem als die Maskenpflicht in den Schulen Standard wurde, brauchten wir sicherlich ein bis zwei Wochen bis sichergestellt war, dass alle ihre Masken tragen.»

Gleiches gilt für die Kursteilnehmenden; diejenigen, welche die Massnahmen als unverhältnismässig einstuften, waren deutlich in der Minderheit. Allerdings blieb auch eine gewisse Zahl von Kursteilnehmern den Angeboten aus Angst vor Ansteckung fern – trotz Schutzkonzepte und deren penibler Einhaltung. Direktor Pius Knüsel rechnet die Volkshochschule Zürich mit einem Rückgang der Teilnehmerzahlen um ungefähr 15 Prozent.

Häufige Anpassungen

Die meisten Anbieter entwickelten ihre Schutzkonzepte zwischen Ende April und Anfang Juni. In vielen Fällen verwendeten sie die Vorgaben des SVEB als Grundlage, vereinzelte bezog man sich direkt auf das BAG. Stossend für einige Anbieter war vor dem 8. Juni die Ungleichbehandlung von Branchen, etwa zwischen der Weiterbildung und der Gastronomie in Bezug auf den Einsatz von Trennwänden. Allerdings gab es damals auch Weiterbildungsverantwortliche, die vor einer allzu raschen Aufgabe des Zwei-Meter-Abstands warnten und gegenüber den Lockerungen auf den 8. Juni hin skeptisch blieben. Wie einvernehmlich gemeldet wird, haben die Institutionen die Anpassungen in ihren Schutzkonzepten laufend und unmittelbar vorgenommen.

Mit dem Ende der ausserordentlichen Lage am 19. Juni und der Rückkehr der Kantone in die Verantwortung für den Erlass von Massnahmen änderte sich für verschiedene Institutionen die Situation jedoch erneut. Vor allem für interkantonal agierende Institutionen bestand die Herausforderung darin, je nach Standort das Schutzkonzept an die kantonalen Bestimmungen anzupassen. Die Anpassung der Schutzkonzepte sei in jener Zeit einfach gewesen, in der der Bund national die Vorgaben für alle Kantone machte, schreibt Claudia Zürcher von der Kalaidos-Bildungsgruppe. «Als wir kantonal unterschiedliche Vorgeben erhielten, wurde die Ausgestaltung des einheitlichen Schutzkonzepts für unsere Standorte komplizierter.»

Das grösste Problem: Räume

Wie aus allen Rückmeldungen hervorgeht, war die Beschaffung geeigneter, das heisst ausreichend grosser Kursräume die grösste Herausforderung für die Institutionen. Gewisse Gruppenveranstaltungen konnten wegen der Abstandsregeln gar nicht mehr durchgeführt werden. In anderen Fällen mussten grössere Kursräume für dieselbe Anzahl Teilnehmende gefunden oder Klassen geteilt werden. Dies führte nicht allein zu höheren Raum- und Personalkosten, sondern auch zu einem organisatorischen Mehraufwand und komplexeren Führungsaufgaben.

Die Einführung der Maskenpflicht entschärfte das Raumproblem zwar, schuf jedoch neue Probleme, wie von einzelnen Institutionen gemeldet wird: Bei ganztägigen Kursen etwa wird das Maskentragen von Dozierenden als sehr unangenehm empfunden. Dies habe zu Unzufriedenheit unter Dozierenden geführt, schreibt eine Hochschule.  

Trotz grundsätzlich positiver Einstellungen zu den Schutzmassnahmen, werden ihre Konsequenzen nicht ausgeblendet. Ihre Einhaltung ist gewöhnungsbedürftig und in der alltäglichen Arbeit gar nicht so einfach. Distanzregeln, Trennwände, Masken – sie alle behindern das Zwischenmenschliche. Dieses gehört bei vielen Weiterbildungen als wesentlicher Teil des Erlebnisses dazu. Die Abstriche im zwischenmenschlichen Austausch drückten auf die Stimmung, meldet Pius Knüsel von der Volkshochschule Zürich.

«Wird nie Routine werden»

An vieles scheint man sich inzwischen gewöhnt zu haben. Von einer neuen Routine will jedoch kaum jemand sprechen. «Das Zusammenleben mit einem Virus kann und wird nie zur Routine werden, und wir leben ständig im Ausnahmezustand», umschreibt es Giuliana Tedesco, stellvertretende Geschäftsleiterin der ECAP. Pius Knüsel von der Volkshochschule Zürich hingegen sagt, es gebe eine Routine – man müsse nicht mehr gross diskutieren. Er schränkt jedoch ein: «Diese Routine ist aufwändig. Die technologische Aufrüstung ist ein Knackpunkt.»

Die erneut ansteigenden Fallzahlen wecken bei manch einer Institutionsleitung die Sorge vor erneut strengeren Regeln und gar einem Lockdown. Vereinzelt wird auch das Contact Tracing kritisiert; dieses funktioniere nicht und ignoriere die Weiterbildung. Auch wenn es in einzelnen Schulen vereinzelte Corona-Fälle gab, scheint die Weiterbildung bis jetzt von grösseren Ansteckungen verschont geblieben zu sein. Zumindest meldet keine der angefragten Weiterbildungsanbieter eine klassen- oder gar schulweise verordnete Quarantäne. Die Angst davor ist dennoch vorhanden. Und so warnt die stellvertretende Geschäftsleiterin der ECAP, Giuliana Tedesco, vor den Konsequenzen der Schliessung ganzer Ausbildungszentren. Ihre Botschaft dürfte Gültigkeit für die ganze Branche haben: «Eine Unterschätzung der Folgen einer Covid-Ansteckung kann dramatische Folgen haben.» Die Schutzkonzepte behalten also auf unbestimmte Zeit ihre Bedeutung.