«Wenn wir nicht nachdenken und visionieren, überlassen wir die Zukunft dem Zufall»


Was bringt ein Think-Tank für die Weiterbildung? Und was tut so ein Think-Tank überhaupt? Helen Buchs, Leiterin von TRANSIT, über den Ansatz und das Verständnis des «Think-Tank for the Future of Adult Learning and Education».

Warum braucht die Weiterbildung einen Think-Tank?
Vor dem Hintergrund einer sich rasch wandelnden Gesellschaft, neuer Technologien und eines rasanten Wissenszuwachses gewinnt das Lernen Erwachsener zunehmend an Bedeutung. Erwachsenenbildung kann dazu beitragen, die Chancen des Wandels zu nutzen. Dazu muss sie sich aber mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen und Zukunftsperspektiven entwickeln. Es braucht fundierte Analysen und einen Denkraum, in dem ein Austausch über Visionen und mögliche Umsetzungsformen in der Praxis stattfinden kann. Da auf nationaler Ebene geeignete Gefässe fehlten, hat der Schweizerische Verband für Weiterbildung (SVEB) 2017 TRANSIT ins Leben gerufen.

Inwiefern bringt gemeinsames Nachdenken oder Visionieren die Weiterbildung weiter?
In einer komplexen Welt interagieren viele verschiedene Faktoren und eine exakte Vorhersage von Entwicklungen ist nicht möglich. Die Zukunft ist aber auch nicht einfach als Zufall zu verstehen. Nachdenken und Visionieren können dabei helfen, eine Vorstellung möglicher Zukünfte zu entwickeln und die sich ergebenden Chancen zu nutzen.  Wenn wir dies nicht tun, überlassen wir die Zukunft dem Zufall oder bleiben bei den alten Gewohnheiten.

Wie arbeitet TRANSIT?
TRANSIT stützt sich sowohl auf wissenschaftliche Analysen als auch auf Erfahrungen aus der Praxis. Ein kollaborativer und interdisziplinärer Ansatz steht dabei im Mittelpunkt. Konkret widmet sich TRANSIT etwa im Jahresrhythmus einem neuen Fokusthema, und bereitet zusammen mit Expertinnen und Experten die relevanten Erkenntnisse aus Forschung und Praxis auf. Auf der Grundlage dieser Analysen, entwirft TRANSIT zusammen mit der Community Denkanstösse und Zukunftsperspektiven für die Erwachsenenbildung und reflektiert mit ihr, wie die Perspektiven in die Praxis überführt werden können. Dazu nutzen wir Veranstaltungsformate mit partizipativen Methoden. In einem gemeinsamen kreativen Prozess hinterfragen wir Gewohnheiten und Muster und erproben Visionen.

An wen richtet sich TRANSIT?
TRANSIT ist ein interdisziplinärer und netzwerkbasierter Denk- und Austauschraum für alle, die sich mit der Zukunft der Weiterbildung auseinandersetzen wollen. Er ist in allen Landesteilen der Schweiz aktiv und versucht sich auch international zu vernetzen.

Wie wird gewährleistet, dass die Resultate eines Think-Tanks nicht nur elitäre theoretische Konstrukte bleiben, sondern auch umgesetzt werden?
Wir versuchen mit der kollaborativen Arbeitsweise, die Akteure der Weiterbildung mit ihren Sichtweisen, Ideen und Zukunftsvorstellungen in den Prozess der Perspektivengewinnung einzubeziehen. Durch ihre Beteiligung nutzen die Akteure die Resultate eher in ihrer jeweiligen Praxis. Dennoch ist die Ebene, auf der wir arbeiten, immer eine Gratwanderung. Wir wollen keine Rezepte und Anleitungen auf der Praxisebene liefern, da dies wenig inspirierend wäre und der Offenheit der Zukunft nicht gerecht werden kann. Andererseits wollen wir auch nicht zu abstrakt arbeiten, weil dann der Praxisbezug schnell verloren geht.

Der Begriff Think-Tank wird häufig mit politisch motivierten Konstrukten assoziiert – ist TRANSIT politisch?
Nein. TRANSIT ist politisch neutral und agiert wirtschaftlich unabhängig. Durch die Einbindung verschiedener Meinungen und Sichtweisen kann die Komplexität der gesellschaftlichen Entwicklungen und möglichen Zukünfte besser berücksichtigt werden und es lassen sich breiter abgestützte Visionen entwickeln.

Woher kommt der Name TRANSIT? Sind die Gedanken auf Durchfahrt?
TRANSIT ist ein Begriff für Veränderungen. Der Name symbolisiert also den Übergang vom Jetzt in die Zukunft, den Prozess der Transformation und den Zustand des «Dazwischen».

TRANSIT besteht seit sieben Jahren. Welche Resultate hat der Think-Tank schon zutage gefördert?
Sichtbare Resultate sind beispielsweise die drei Trendberichte, die Experteninterviews (10 davon sind auch als Buchform vorhanden), das Kartenset mit anregenden Zukunftsfragen, und alle Inhalte der Webseite. Genauso wichtig sind aber auch die nicht sichtbaren Resultate, wie Denkanstösse und Inspirationen, die Teilnehmende aus unseren Veranstaltungen mitgenommen haben.

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