Weiterbildung in der Schweiz – ein heterogenes System
Die Weiterbildung der Schweiz ist sehr vielfältig. Wer eine Weiterbildung sucht, hat eine Vielzahl von Anbietern und verschiedenste Formate zur Auswahl. Vielfalt erschwert aber auch die Übersicht.
Das Weiterbildungsgesetz (WeBiG), das 2017 in Kraft trat, hat die Weiterbildung in das nationale Bildungssystem eingeordnet und sollte die Transparenz erhöhen. Bisher hatte es aber keine direkten Auswirkungen auf das Weiterbildungsangebot und dessen Transparenz.
Vielseitiges Angebot
In der Schweiz besteht ein umfangreiches, vielseitiges Weiterbildungsangebot. Dazu gehören Kurse, Seminare und Webinare, Lehrgänge und Nachdiplomstudien, aber auch Lernmöglichkeiten ausserhalb von Kursstrukturen. In diesen Bereich fallen beispielsweise Museumsbesuche und Workshops, Lesungen, Exkursionen oder Kongresse. Ebenfalls zur Weiterbildung gehört das intendierte Lernen am Arbeitsplatz sowie die selbstständige Nutzung von Lernmaterialien oder Fachliteratur. Auch das Lernen in selbstorganisierten Gruppen zählt zur Weiterbildung. Individuelles informelles Lernen ausserhalb organisierter Lernbeziehungen gehört ebenfalls zur Weiterbildung, sofern es sich um intendiertes Lernen handelt.
Private Anbieter dominieren Weiterbildungsmarkt
Nicht nur die Formen der Weiterbildungen sind heterogen, auch das Spektrum der Anbieter reicht von der kleinen Privatschule bis zum Weiterbildungskonzern und von öffentlichen Trägern, Verbänden oder Gewerkschaften bis zu Kleinstbetrieben, Lernstudios und freien Trainern. Zahlenmässig dominieren klar die privaten Anbieter: Sie stellen rund 80% der gesamten Kursstunden bereit, während die öffentlichen Träger – vor allem Universitäten, Fachhochschulen und öffentliche Berufsschulen – rund 20% der Weiterbildungsstunden anbieten.
Sprachkurse als häufigste Form der Weiterbildung
Vielfalt kennzeichnet auch die vermittelten Inhalte. Zu den beliebtesten Kursinhalten gehört «Sport, Kunst, Kreatives» mit einem Anteil von 35% sowie Sprachen (13%), Wissenschaft und Technik (12%) an allen innerhalb eines Jahres besuchten Kursstunden. Die meisten Weiterbildungskurse werden sowohl aus beruflichen wie aus persönlichen Gründen besucht. Was für den Beruf gelernt wird, findet auch im Privatleben, bei ehrenamtlichen Tätigkeiten oder in Freizeitaktivitäten Verwendung – und umgekehrt: Die Arbeitswelt profitiert von Erwachsenen, die in ihrer Freizeit die unterschiedlichsten Kompetenzen erwerben.
So verstehen wir den Weiterbildungsbegriff
Der SVEB verwendet einen integralen Weiterbildungsbegriff, der auf dem Paradigma des lebenslangen Lernens basiert: Zur Weiterbildung gehören alle intendierten Lernaktivitäten von Erwachsenen, die ausserhalb des formalen Bildungssystems stattfinden. Neben organisierten Lernangeboten gehört auch das informelle Lernen zur Weiterbildung. Das sind Lernaktivitäten, die explizit einem Lernziel dienen, aber nicht im Rahmen einer Lernbeziehung stattfinden, also beispielsweise das selbstständige Lesen von Fachliteratur oder das Lernen on-the-job.
Das heisst: Berufsorientierte und allgemeine Weiterbildung werden nicht als trennscharfe Segmente verstanden, sondern eher als zwei Enden eines Kontinuums. Aus individueller Sicht erweist sich die Unterscheidung zudem oft als wenig relevant: Für den Einzelnen bzw. die Einzelne kann das Gelernte sowohl beruflich als auch privat relevant sein. Eine Kompetenz, die aus persönlichen Gründen erworben wird – beispielsweise ein Sprachkurs –, kann sich auch beruflich als nützlich erweisen. Und umgekehrt: Was im und für den Beruf gelernt wird, kommt oft auch im privaten Umfeld zum Einsatz.
Begriff der non-formalen Bildung
Mit der Einführung des WeBiG setzte sich allmählich der Begriff der non-formalen Bildung durch. Dieser Begriff ist auch international verbreitet, bedeutet aber mitnichten überall dasselbe. In der Schweiz definiert das WeBiG, was non-formales Lernen ist, wie folgt:
WeBiG Art. 3 Begriffe
«a. Weiterbildung (nichtformale Bildung): strukturierte Bildung ausserhalb der formalen Bildung.»
Unter strukturierter Bildung sind Lernformen zu verstehen, die in einer «definierten Lehr-Lern-Beziehung» stattfinden. Das können, müssen aber nicht Kurse sein.
Zur formalen Bildung gehört Bildung, die zu einem staatlich geregelten Abschluss führt (Sekundarstufe II, Höhere Berufsbildung, akademischer Grad).
Der SVEB verwendet einen integralen, breiteren Weiterbildungsbegriff als das WeBiG, das das informelle Lernen nicht zur Weiterbildung zählt.
«Weiterbildung» oder «Erwachsenenbildung»?
Historisch gesehen, stand der Begriff «Erwachsenenbildung» eher für allgemeine und kulturelle Bildung, der Begriff «Weiterbildung» eher für berufsorientierte Bildung. Heute werden die beiden Begriffe in der Schweiz weitgehend synonym gebraucht.
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