«Die KMU werden mit loyalen, motivierten und besser qualifizierten Mitarbeitenden belohnt» 


Kleine Betriebe in der Gastronomie und Hotellerie sind zurückhaltend, wenn es um die Weiterbildung ihrer geringqualifizierten Mitarbeitenden geht – wie die KMU-Studie des SVEB zeigt. Die Progresso-Lehrgänge von Hotel & Gastro formation Schweiz versuchen, hier eine Brücke zu schlagen. Im Interview erläutert Heinz Gerig, wie das funktioniert.  

Im letzten April hat der SVEB die Studie Weiterbildung in KMU. Bedeutung und Umsetzung publiziert. Eine Erkenntnis war, dass KMU im Bereich Gastronomie und Hotellerie seltener Weiterbildung umsetzen, als Betriebe aus anderen Branchen. Gleichzeitig sind viele geringqualifizierte Mitarbeitende in diesen Betrieben tätig.  

Hotel & Gastro formation Schweiz, das Weiterbildungsinstitut der Gastronomie- und Hotelleriebranche, bietet mit den Progresso-Lehrgängen Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeitende im Gastgewerbe ohne abgeschlossene berufliche Grundbildung. Heinz Gerig, Leiter Basisqualifikation, erklärt, was Progresso genau ist und wie das Angebot auch KMU dabei unterstützt, ihre geringqualifizierten Mitarbeitenden zu fördern.  

Weitere Praxisbeispiele, wie KMU aus der Gastronomie und Hotellerie ihre Mitarbeitenden fördern, stellen wir am 11. November 2024 in Zürich vor.  

Interview: Sofie Gollob

Herr Gerig, was ist Progresso und warum braucht es dieses Angebot? 
Der Progresso-Lehrgang ist eine Basisqualifikation für Mitarbeitende im Gastgewerbe, welche noch keinen Abschluss in der Branche haben. Für viele von ihnen, darunter auch eine grosse Anzahl Mitarbeitende mit Migrationshintergrund, ist es der erste Schritt zur Fachkraft im Gastgewerbe.  

Wie sind die Lehrgänge konzipiert und was wird vermittelt? 
Progresso gibt es für die Fachbereiche Service, Küche, Systemgastronomie, Hauswirtschaft sowie ‘Allrounder’. Letzterer richtet sich an Mitarbeitende, welche in einem Betrieb in verschiedenen Bereichen eingesetzt werden sollen. Der Lehrgang dauert insgesamt fünf 5 Wochen und ist in drei Kursblöcke unterteilt, in welchen die praktischen und theoretischen Grundkenntnisse des jeweiligen Fachbereichs vermittelt werden. Nach dem ersten und zweiten Teil erfolgt jeweils eine Betriebsphase, in welchen die Teilnehmenden das Gelernte bereits an ihrem Arbeitsplatz anwenden. Zuletzt folgt eine theoretische und praktische Abschlussprüfung. 

Wie erfahren die Betriebe und die Mitarbeitenden von Progresso? 
Wir sind im Rahmen der nationalen Informationskampagne www.mein-progresso.ch auf allen Kanälen in der Branche präsent: In Fachmedien, auf Social Media, an Messen und Anlässen aller Art. Zudem stellen uns die Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Verbände ihre eigenen Informationskanäle zur Verfügung für Newsletter-Beiträge, Flyer-Versände usw. 

Wie ist die Finanzierung geregelt? 
Für Betriebe, welche zwingend dem Landesgesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes (L-GAV) unterstellt sind – und das sind mit Ausnahme von Spital- und Heimküchen fast alle Betriebe, die gastgewerbliche Leistungen anbieten– ist der Progresso-Lehrgang im Wert von 5750 Franken kostenlos. Zusätzlich übernimmt der L-GAV die Kosten für das Unterrichtsmaterial, die Mittagsverpflegung während der Kursblöcke sowie bei Bedarf sogar die Übernachtung am Kursort. Der Betrieb erhält zudem eine Arbeitsausfallentschädigung von 120 Franken pro Tag und teilnehmender Person. 

Warum lohnt es sich für die Zielgruppe, an den Progresso-Lehrgängen teilzunehmen?  
Für viele ist Progresso die erste positive Erfahrung mit Bildung. Sie erwerben sich damit also nicht nur Fachwissen, sondern vor allem auch mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten, mehr Selbstbewusstsein und erfahren Akzeptanz für ihre Arbeit. Zudem legt der Progresso- Ausweis die Basis für die nächste Ausbildungsstufe: die verkürzte modulare Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) in den Fachbereichen Küche, Service und Hotellerie-Hauswirtschaft. Im Fachbereich Systemgastronomie kann anschliessend der Berufsabschluss als Fachfrau/Fachmann Systemgastronomie EFZ nach Art. 32 absolviert werden. 

Warum lohnt es sich für Betriebe, ihre Mitarbeitenden in die Progresso-Lehrgänge zu schicken? 
Zusätzlich zu den bereits beschriebenen äusserst attraktiven Konditionen reduzieren die Betriebe wesentlich den internen Schulungsaufwand. Zudem arbeiten Progresso-Absolvierende produktiver und verkaufen beispielsweise im Service das Angebot besser, was zu mehr Umsatz führt.  

Was sind Hindernisse für die Umsetzung von Progresso? 
Besonders kleinere Betriebe sehen teilweise die Absenz der Mitarbeitenden während des Lehrgangs als Hürde an. Belohnt werden sie jedoch mit loyalen, motivierten und besser qualifizierten Mitarbeitenden, welche ihr aktuelles Wissen auch im Betrieb weitergeben und dadurch Mehrwert schaffen. Mitarbeitende haben oft grossen Respekt vor dem theoretischen Teil, der auch Kenntnisse in einer der drei Landessprachen mindestens auf Stufe A1 voraussetzt. Dafür bieten wir jedoch den branchenspezifischen fide-Sprachkurs an, welcher als Vorbereitung zu Progresso absolviert werden kann – auch online – und der ebenfalls L-GAV-finanziert ist. Insgesamt bietet die Branche also auch auf dieser Mitarbeiterstufe ein äusserst attraktives Weiterbildungsangebot. 

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