Performanzdossier und Reflexionsgespräch; über diese zwei Prüfungsbestandteile können Kandidatinnen und Kandidaten ab diesem Herbst zum Abschluss eidg. Fachausweis Ausbilderin/Ausbilder gelangen. Wie gut das funktioniert und wo die Schwierigkeiten liegen – das hat der SVEB vorab in einem Kolloquium mit Prüfungsexpertinnen und -experten getestet.
Artikel: Reto Hunziker
Kolloquium. Latein scheint gut zu passen zu dieser Umgebung: Wir sind im pittoresken Kloster Fischingen, wo Tests der neuen Abschlussprüfung durchgeführt werden. Denn ab Herbst dieses Jahres können angehende Ausbilderinnen und Ausbilder ihren Fachausweis nach der neuen Prüfungsordnung absolvieren. Dabei reichen sie ein sogenanntes Performanzdossier ein und reflektieren dieses in einem Gespräch mit zwei Prüfungsexpertinnen und -experten (PEX). Das ist nicht nur für die angehenden Absolvierenden eine grosse Veränderung, sondern auch für die PEX.
Worauf ist zu achten? Was sind Schwierigkeiten? Dies gilt es nun zu prüfen, denn vier Personen treten probeweise an, um ihr extra für die Testdurchführung erstelltes Performanzdossier zu vertreten. Sie haben bereits ihren Fachausweis erworben, haben alle nötigen Module absolviert und längst die nötigen Praxisstunden hinter sich.
Es sei nicht einfach gewesen, Freiwillige zu finden, erklärt Prüfungsleiterin Jenny Laschkolnig. Sie habe zwischen 40 und 50 Personen angefragt. Sechs von ihnen sagten zu und reichten ein Performanzdossier ein, vier davon stehen nun Red und Antwort.
«Wir wollen die Performanz prüfen und handhabbar machen», sagt Laschkolnig vor den versammelten Fachpersonen. «Die Kandidierenden dürfen sich zeigen und sich über ihren Stand und ihren Lernprozess bewusst sein.»
Testlauf 1: «anspruchsvoll und intensiv»
Kurz darauf geht es los mit dem ersten Durchlauf: Die Kandidatin hatte ihr Performanzdossier zuvor eingereicht, welches die PEX kritisch gelesen und hinterfragt haben. In einer zehnminütigen Präsentation fasst die Kandidatin ihr Vorgehen zusammen, danach beantwortet sie im Fachgespräch die Fragen der PEX. Im Zentrum: das kompetenzorientierte Handeln in der Ausbildungstätigkeit. Die Kandidatin wird nach ihrer Erfahrung mit dem im Rahmen der Prüfung angewandten Ansatz gefragt, nach Learnings, Wirkung und Reaktionen. Obwohl die Kandidatin seit 25 Jahren unterrichtet, gibt sie sich selbstkritisch.
Im Nachhinein sagt sie, sie habe die Prüfung als anregend und intensiv erlebt. Wobei ihr der schriftliche Teil leichter von der Hand ging, jetzt beim Vorstellen sei sie sehr nervös gewesen. Die Kombination aus Dossier und Gespräch empfindet sie als niveauvoll und wertvoll zugleich: «Ich habe mich 12 Wochen mit einem Thema auseinandergesetzt – etwas, das ich sonst wohl nie gemacht hätte», sagt sie, «dabei habe ich viel gelernt und profitiert.»
Die Examinandinnen und Examinanden sind angehalten, im Performanzdossier drei Handlungskompetenzbereiche zu beleuchten und auszuarbeiten, gleichzeitig aber auch das eigene Tun zu hinterfragen und einzuschätzen.
Testlauf 2: «die eigene Haltung getestet und gefestigt»
«Wer bin ich? Was kann ich? Was möchte ich zeigen?» – diese Fragen hat sich die Kandidatin im zweiten Testdurchlauf gestellt, wie sie selbst in der Präsentation erklärt. Sie erörtert ihre Bestrebungen, die unternehmerische Kreativität und Innovationskultur zu fördern. Die PEX stellen ihr Fragen zu ihrem Professionsverständnis, zum Dossier, aber auch zu einzelnen Schlagwörtern, die sie in der Präsentation verwendet. Im Nachhinein empfand auch sie die Arbeit am Dossier und der Präsentation als bereichernd: «Ich habe hinterfragt und reflektiert, aber auch meine Haltung getestet und gefestigt.»
In der anschliessenden Diskussion unter den beobachtenden Expertinnen und Experten stellt sich etwa die Frage, ob im Reflexionsgespräch zwischen Verständnisfragen und Reflexionsfragen unterschieden werden soll. Und wie ist vorzugehen, wenn zwar das Dossier überzeugt, aber nicht die Präsentation? Jenny Laschkolnig stellt klar: Beide Prüfungsbestandteile können unabhängig voneinander bestanden oder nicht bestanden werden. Und: Die PEX müssen ein Sensorium entwickeln für das Niveau der Absolvierenden und für die neue Prüfungsprozedur.
Klar, so ist es immer, wenn ein neuer Standard eingeführt wird. Auch wenn hie und da noch Unsicherheiten sind, scheint der Tenor doch deutlich: Diese neue Berufsprüfung stellt einen klaren Mehrwert dar – sowohl für die Examinandinnen und Examinanden als auch für die Prüfungsexpertinnen und -experten.