Der SVEB betätigt sich in zahlreichen internationalen Projekten. Doch wozu? SVEB-Mitarbeiterin und Projektleiterin Internationales Marianne Müller erklärt, wie die Schweiz vom Wissenstransfer und vom Netzwerk profitiert.
Inwiefern sind internationales Engagement und internationale Projekte wichtig für das Schweizer Weiterbildungssystem?
Das Schweizer Weiterbildungssystem kann in der heutigen globalen Welt nicht isoliert agieren. Globale Entwicklungen – und insbesondere Entwicklungen aus dem EU-Raum – müssen in der Gestaltung des Weitebildungssystems mitbedacht werden. Ich sehe zwei zentrale Gründe, wieso internationales Engagement unerlässlich ist: Erstens geht es um Vernetzung: Durch die Mitarbeit in verschiedenen Netzwerken und die Kontaktpflege zu vielen europäischen und aussereuropäischen Partnern kann der SVEB den internationalen Diskurs zu weiterbildungsspezifischen Fragen mitprägen. Zweitens geht es um Wissenstransfer: Durch internationale Zusammenarbeit können neue Ideen, Methoden und Best Practices aus anderen Ländern in das Schweizer Weiterbildungssystem integriert werden. Dies fördert Innovation und verbessert die Qualität der Bildungsangebote. Gleichzeitig kann Know-how aus der Schweiz in andere Länder transferiert werden. Die Schweiz hat im Vergleich ein stark entwickeltes Weiterbildungssystem und kann damit viel Know-how bieten.
Wie hat sich der internationale Einfluss auf das Schweizer Weiterbildungssystem in den letzten Jahren verändert?
Tendenziell nimmt der internationale Einfluss auf das Schweizer Weiterbildungssystem zu – und zwar aus fachlicher, politischer und kommerzieller Sicht. Weiterbildungssysteme sind von ökologischen und geopolitischen Krisen, technischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Veränderungen in ähnlicher Weise betroffen und können von einer gemeinsamen Herangehensweise profitieren. Fachlich sind das beispielsweise Diskussionen zu Micro-Credentials oder die Vermittlung von Nachhaltigkeitskompetenzen. Politisch geht es zum Beispiel um den Status der Schweiz als nicht EU-Land und damit den beschränkten Zugang zu entsprechenden EU-Gefässen. Aber auch andere geopolitischen Entwicklungen haben Einfluss auf das Weiterbildungssystem. Und aus kommerzieller Sicht ist vor allem auch die internationale Konkurrenz ein Thema, die durch die Möglichkeiten von Online-Kursen zugenommen hat.
Wo und wie engagiert sich der SVEB?
Die Internationale Arbeit des SVEB hat eine lange Tradition. Über die vergangenen Dekaden hinweg hat sich die Schwerpunktregion Osteuropa herausgebildet. In dieser Region sind wir gut vernetzt und haben in verschiedenen Ländern und mit verschiedenen Projektpartnern erfolgreich Projekte umgesetzt. Beispielsweise haben wir in Ungarn das GO-Modell in über 10 Unternehmen implementiert und eine Informationsplattform zu Professionalisierungs- und Qualitätsthemen geschaffen. In Belarus haben wir BelaQua, ein Qualitätssicherungssystem nach Vorbild von eduQUa aufgebaut. In Serbien und Montenegro hat der SVEB in Kooperation mit lokalen Partnerinstitutionen ein modulares Ausbildungsprogramm für Ausbildende nach Schweizer Vorbild (AdA) aufgebaut. Das sind nur einige Beispiele. Und natürlich sind wir auch in anderen Regionen tätig, wie beispielsweise Kirgistan, wo wir in einem Projekt mitarbeiten, das zum Ziel hat, die Arbeitsmarktfähigkeit der kirgisischen Bevölkerung durch passende Ausbildungs- und Weiterbildungsmassnahmen zu stärken.
Lassen sich konkrete Nutzen nennen, die für den Schweizer Weiterbildungsbereich aus diesen Projekten und Engagements entsprungen sind?
Der internationale Austausch bringt immer auch Vorteile für die Schweiz. Wir erhalten Einblick in andere Systeme und Ansätze. Die Erasmus+-Projekte und auch die vom SBFI finanzierten Projekte sind stark darauf ausgelegt, dass alle beteiligten Länder profitieren. Aus den Erasmus+-Projekten sind bereits mehrere Produkte entsprungen, die auch für den Schweizer Weiterbildungsbereich dienen: Beispielsweise eine Toolbox zu transformativem Lernen oder Sprachkurse mit Virtual Reality. Aktuell arbeiten wir in einem Projekt mit, das sich mit der Umsetzung von Micro-Credentials auseinandersetzt. Das ist natürlich auch für die Schweiz sehr spannend.
Es scheint, seit die Corona-Pandemie vorüber ist, trifft man sich wieder vermehrt vor Ort – auch für den internationalen Austausch. Ist das wirklich nötig?
Der Eindruck ist korrekt. Während der Pandemie hat natürlich alles online stattgefunden. Auch heute werden viel mehr Meetings online abgehalten als vor der Pandemie. Aber natürlich treffen wir uns auch wieder persönlich. Meiner Meinung nach ist ein minimaler persönlicher Kontakt zentral für das Gelingen von Projekten. Es macht einen Unterschied, ob man sich nur online kennt oder ob man sich persönlich getroffen hat. Kennen wir uns in einem Projektkonsortium persönlich, hat das einen positiven Einfluss auf die Involviertheit und die Motivation der Projektpartner.
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