Was macht KI mit dem Lernen? Wird KI die Lehrpersonen ersetzen? Wie sollen künftig Prüfungen geschrieben werden? Das EdTech World Forum 2023 in London widmete sich dem Thema der künstlichen Intelligenz (KI). An der zwischen dem 17. und 18. Mai stattfindenden Konferenz wurde insbesondere das Potenzial, aber auch die Herausforderungen des Chatbots ChatGPT für die Bildung diskutiert.
Der Begriff «EdTech» bezieht sich auf Bildungstechnologien. Dabei handelt es sich um technologische Lösungen, welche den Bildungsprozess unterstützen sollen. Am EdTech World Forum 2023 in London standen KI-basierte Bildungstechnologien im Fokus. Die Meinungen zu diesem Thema gingen auseinander, es waren sich jedoch alle darin einig, dass man auch in der Bildung nicht daran vorbeikommt. Dies wurde besonders durch das Aufkommen von ChatGPT befördert.
Bei ChatGPT handelt es sich um einen Chatbot, dem auf KI-basierte Sprachmodelle – sogenannte «Large Language Models» – zugrunde liegen. Nutzerinnen und Nutzer können Fragen stellen, die der Chatbot in Textform beantwortet, indem er eine riesige Menge an schriftlicher Information abruft und diese zusammengefasst wiedergibt. Zudem kann er bestimmte Aufgaben erfüllen, wie beispielsweise eine Mail schreiben oder Fragen zu einem Text formulieren. Wie im Rahmen verschiedener Vorträge am EdTech World Forum deutlich wurde, haben Tools wie ChatGPT einen enormen Einfluss auf die Lehrenden sowie auf die Lernenden.
Sicherer Rahmen für den Einsatz von KI
Angesichts der diversen Funktionalitäten von KI-basierte Chatbots müssen sich im Bildungsbereich tätige Menschen überlegen, wie sie mit diesem neuen Tool umgehen sollen. Der Informatikprofessor Matthew Yee-King wies in seiner Keynote auf das Potenzial solcher Chatbots hin, unter anderem beim Assessment und der Betreuung der Lernenden. Gleichzeitig betonte der Informatiker, es brauche einen klar definierten Rahmen, um sicherzustellen, dass KI sicher in der Bildung eingesetzt werden kann. Er sprach in diesem Zusammenhang von einem sogenannten «value alignment». Das bedeutet, dass man sich bei der Nutzung eines Tools wie ChatGPT unter anderem mit Fragen der Ethik, der Sicherheit, der Validierung und der Governance auseinandersetzen muss.
Zeit sparen mit KI?
Ein wichtiges Kriterium für den Einsatz von neuen Bildungstechnologien ist, ob sie die Arbeit von Lehrenden vereinfachen. In vielen Vorträgen kam die Hoffnung zum Ausdruck, dass auf KI-basierte Tools zu Zeitersparnissen führen. Dies unter anderem, indem sie es Lehrenden ermöglichen, sich weniger mit dem «content» und mehr mit «teaching» auseinanderzusetzen. Als Beispiel zeigten mehrere Speaker in ihren Vorträgen auf, wie KI-basierte Chatbots wie ChatGPT sie dabei unterstützten, Übungs- und Diskussionsaufgaben zu entwickeln.
Umdenken erforderlich
Andreas Åberg, pädagogischer Leiter an der Universität Dalarna, liess ChatGPT mehrere Case Studies zum Thema «Herausfordernde Situationen im Alltag von Lehrpersonen» sowie zugehörige Diskussionsfragen erstellen. Damit sparte er sich einen grossen Teil des Vorbereitungsaufwands. Gleichzeitig wies Åberg auf Probleme hin, die sich stellen, wenn Lernende den Chatbot verwenden. Da dieser für viele schriftlichen Aufgaben eingesetzt werden kann, verändern sich die Anforderungen an die Aufgabenstellung und die Beurteilung. Um zu vermeiden, dass Lernende die vertiefte Auseinandersetzung mit Inhalten umgehen, schlägt Åberg vor, Aufgaben zu kontextualisieren und für die Überprüfung auf einen regelmässigen persönlichen Austausch zu setzen.
KI als Instrument, nicht als Lösung
Neben den vielen Visionen und Ideen für die Nutzung neuer Technologien in der Bildung gab es auch kritische Stimmen. Die Bildungswissenschaftlerin Cat Scutt sprach sich in ihrem Vortrag dafür aus, den Hype um KI zu überwinden. Denn es zeige sich immer wieder, dass die Hoffnungen, die mit neuen Technologien verknüpft sind, nicht der Realität des Lernens entsprechen. Zwar seien neue Technologien in spezifischen Feldern wie beispielsweise dem Gesundheitsbereich sehr nützlich, doch seien sie stets nur ein Instrument und nicht die Lösung. Die Beziehung mit Menschen bleibe der entscheidende Erfolgsfaktor für das Lernen. Vor diesem Hintergrund zeigte Scutt sich – wie die meisten Speaker an der Konferenz – überzeugt, dass KI Lehrpersonen nicht ersetzen kann.
Weitere Informationen
Weiterführende Lektüre zum Thema Künstliche Intelligenz in der Bildung: Crompton, H., & Burke, D. (2023). Artificial intelligence in higher education: the state of the field. International Journal of Educational Technology in Higher Education, 20(1), 1-22.