Künstliche Intelligenz verspricht, die Art und Weise, wie wir uns weiterbilden, grundlegend zu verändern. Doch wo genau liegt das Potenzial dieser Technologie, und welche Herausforderungen gilt es zu meistern? Diese Gedanken beleuchtet Roy Franke, Bereichsleiter Digital bei der EB Zürich, basierend auf seiner persönlichen Erfahrung.
Text: Roy Franke
Wenn wir die Potenziale der KI in der Weiterbildung anschauen, dann müssen wir zuerst einmal differenzieren, für welche Anwendungsgruppe wir konkret sprechen. Zum einen sind dies die Kursleitenden sowie die Teilnehmenden, zum anderen aber auch alle weiteren Mitarbeitenden, die in Weiterbildungsangebote involviert sind (z.B. die Kursadministration). Nachfolgend lege ich den Fokus auf die zwei Gruppen Kursleitende und Teilnehmende.
Aus Sicht der Kursleitenden bietet die KI die Möglichkeit, vor allem in der Kurserstellung und -vorbereitung eine Entlastung zu bieten. Sei es durch die Erstellung von Kurspräsentationen, Kursplanungen, verschiedene Arten von Lernübungen, aber auch als Sparringpartner zur Ideenfindung im Sinne eines Chatbot-Menschen-Dialoges. In der Bewertung von Lernleistungen kann die KI den Kursleitenden ebenfalls Rückmeldungen und Interpretationen liefern.
Auch die Teilnehmenden profitieren vom Einsatz der neuen Technologie. Vor allem im Bereich des Brainstormings oder beim Kuratieren von Informationen kann die KI sehr unterstützend wirken. Natürlich kann die KI aber auch als Lerntandem fungieren (z.B. in Form eines Dialog-Rollenspiels) oder sogar als adaptives Lernprogramm, das sich in Echtzeit an das Lerntempo und -verständnis der lernenden Person anpasst.
Die Kehrseite der Medaille
Aber wo es Potenzial gibt, gibt es natürlich auch Gefahren – wobei ich weniger von Gefahren, sondern mehr von Herausforderungen sprechen möchte. Mir erscheint die Unterscheidung wichtig, dass die Kehrseite der Medaille nicht per se gegen den Einsatz von KI spricht, aber dass wir aktiv aufgefordert sind, über deren Einsatz zu reflektieren.
Natürlich stellen Datenschutz und fehlerhafte Ergebnisse durch die KI ein grosses Thema dar. Persönlich sehe ich aber noch eine andere Herausforderung, nämlich die digitale Kluft im Umgang mit der Technologie: Einige haben schon heute einen besseren Zugang zu Technologie und können rascher gewinnbringend damit umgehen, andere haben ihre Mühen. Diese Mühen können unterschiedlich sein – sei es in der Bedienung solcher Tools beziehungsweise in ihrer sinnvollen Nutzung, oder aber auch im kritischen Hinterfragen der Ergebnisse, welche die künstliche Intelligenz produziert.
Zwei Schlussfolgerungen
Für mich ergeben sich daraus zwei Schlussfolgerungen: Zum einen sollten wir die künstliche Intelligenz in unserem Weiterbildungsalltag zulassen in Form einer Assistenz, so dass wir als Menschen immer noch die Kontrolle darüber haben und den «letzten Blick» darauf werfen. Zum anderen scheint es mir aber auch wichtig, dass wir uns in unserer Rolle als Kursleitende bewusst sind, dass wir auch diejenigen Teilnehmenden mitnehmen müssen, welche Mühe im Umgang mit der neuen Technologie haben.
Somit denke ich nicht, dass wir als Kursleitende obsolet werden, aber unsere Rolle und unsere Aufgaben werden sich verändern – ja müssen sich verändern. Wir werden immer weniger in der Rolle des reinen «Wissensvermittlers» benötigt, denn dies kann die KI zunehmend auch – vielleicht sogar besser. Aber wir müssen unsere Teilnehmenden auf ihrer Lernreise begleiten und unterstützen, sie im kritischen Denken fördern.
Wir sollten daher gezielte Strategien entwickeln, um diese Fähigkeiten zu fördern. Dies kann durch projektbasiertes Lernen geschehen, bei dem die Teilnehmenden reale Probleme mit Hilfe von KI-Technologien lösen. Solche Ansätze ermutigen die Lernenden, kreativ zu denken und innovative Lösungen zu entwickeln.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Integration von KI in bestehende Lehrpläne – was strategische Planung und Schulung erfordert. Kursleitende sollten sich intensiv mit den verfügbaren Technologien auseinandersetzen und deren Potenzial für ihre spezifischen Ausbildungsziele verstehen. Dies bedeutet, dass sie sich kontinuierlich fort- und weiterbilden müssen, um mit den rasanten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz Schritt halten zu können.