Menschen mit mangelnden Grundkompetenzen: unzufriedener, weniger gesund, schlechter integriert


Das Bundesamt für Statistik hat einen weiteren Bericht zu den aktuellen PIAAC-Daten veröffentlicht und Erwachsene mit geringen Grundkompetenzen analysiert. Er zeigt, dass geringere Kompetenzen mit niedrigerem Wohlbefinden und schlechterer sozialer Integration einhergehen.

In der Schweiz verfügen 15 Prozent der Personen im Alter von 16 bis 65 Jahren – das sind ungefähr 844 000 Personen – über geringe Kompetenzen in den Bereichen Lesen, Rechnen und adaptives Problemlösen. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind sie tendenziell weniger erwerbstätig und verdienen weniger. Zudem sind ihr Wohlbefinden sowie ihre Teilnahme am sozialen Leben niedriger als bei Personen mit höheren Kompetenzen. Dies zeigt der neue Bericht des Bundesamtes für Statistik (BFS) anhand der PIAAC-Daten der OECD.

Von den Erwachsenen mit geringen Kompetenzen im Alter von 16 bis 65 Jahren haben fast die Hälfte (46 Prozent) keinen nachobligatorischen Bildungsabschluss. 56 Prozent von ihnen gehören zur Altersgruppe der 46- bis 65-Jährigen. Die Kompetenzen scheinen auch mit dem sozioökonomischen familiären Hintergrund zusammenzuhängen. Die Eltern von Personen mit geringen Kompetenzen hatten seltener höhere Bildungsabschlüsse (12 Prozent bzw. 34 Prozent der Gesamtbevölkerung), qualifizierte Berufe (25 Prozent bzw. 52 Prozent der Gesamtbevölkerung) und waren öfter arbeitslos (7 Prozent bzw. 2 Prozent der Gesamtbevölkerung) als die Eltern von Personen mit höheren Kompetenzen. 

Schlechter in den Arbeitsmarkt integriert

Von den Personen mit geringen Kompetenzen im Lesen, Rechnen und Problemlösen haben 38 Prozent eine der PIAAC-Testsprachen Deutsch, Französisch oder Italienisch als Hauptsprache. Bei den restlichen 62 Prozent kann ein Teil der tiefen Kompetenzwerte dadurch erklärt werden, dass Sie in einer Fremdsprache an PIAAC teilgenommen haben. 

71 Prozent der Personen mit geringen Kompetenzen sind erwerbstätig, gegenüber 83 Prozent der Gesamtbevölkerung. Über 80 Prozent von ihnen gehören zu den 40 Prozent der Erwerbstätigen mit den niedrigsten Einkommen. Sie beziehen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung auch häufiger Sozialleistungen. Erwerbstätige Personen mit geringen Kompetenzen verrichten häufiger körperliche Tätigkeiten (66 Prozent leisten täglich längere körperliche Arbeit, gegenüber 34 Prozent der Gesamtbevölkerung) und verfügen über weniger Autonomie in ihrer beruflichen Tätigkeit (in Bezug auf Arbeitszeiten, Arbeitsorganisation usw.) als der Durchschnitt der Bevölkerung.

Niedrigeres Wohlbefinden und schlechtere soziale Integration

Die meisten Menschen in der Schweiz (86 Prozent) sind mit ihrem Leben allgemein sehr zufrieden. Bei Personen mit geringen Kompetenzen sinkt dieser Anteil auf 75 Prozent. Ausserdem schätzen sie ihren Gesundheitszustand seltener als sehr gut ein (38 Prozent) als die Gesamtbevölkerung (55 Prozent). Sie haben weniger Vertrauen in ihre Mitmenschen (33 Prozent geben an, ein starkes Vertrauen in ihre Mitmenschen zu haben bzw. 47 Prozent in der Gesamtbevölkerung) und engagieren sich seltener freiwillig (19 Prozent bzw. 37 Prozent Gesamtbevölkerung). Auch schätzen weniger von ihnen die Möglichkeiten zur politischen Mitsprache als hoch oder sehr hoch ein (33 Prozent) als die Gesamtbevölkerung (51 Prozent).

Geringere Weiterbildungsbeteiligung

In der Gesamtbevölkerung liegt der Anteil mit einer Weiterbildung in den letzten fünf Jahren bei 61 Prozent, bei Personen mit geringen Kompetenzen liegt er bei nur 33 Prozent. Auch die Gründe unterscheiden sich: Bei Menschen mit geringen Kompetenzen ist die Weiterbildung in der Regel stärker daran geknüpft, konkret die Berufs- und Karrierechancen zu verbessern (33 Prozent bzw. 21 Prozent Gesamtbevölkerung). Bei der übrigen Bevölkerung stellt eher das persönliche Interesse die Hauptmotivation dar (29 Prozent bzw. 19 Prozent bei Personen mit geringen Kompetenzen).

Sichtweise des SVEB

Für den SVEB unterstreichen diese Resultate, was schon die PIAAC-Daten offensichtlich gemacht haben: Angesichts der hohen Anzahl an Personen mit niedrigen Grundkompetenzen und den damit einhergehenden negativen Auswirkungen, ob individuell oder gesellschaftlich, sind Weiterbildung und insbesondere die Förderung von Grundkompetenzen wichtiger denn je. Die Sparpläne des Bundesrats, welche die Streichung der Bundesmittel für die Förderung der Grundkompetenzen beabsichtigen und derzeit in den Kommissionen diskutiert werden, stehen dieser Tatsache diametral entgegen und sind insofern höchst widersinnig. Die Kosten dieses geplanten Sparschnittes wären sehr hoch – volkswirtschaftlich wie sozial. Sie kämen einer Demontage einer dringend nötigen und erfolgreichen Weiterbildungspolitik gleich, würden viele Mitbürgerinnen und Mitbürger um eine bessere berufliche und persönliche Zukunft bringen – und somit der Schweiz auch wirtschaftlich schaden. Der SVEB setzt sich darum mit aller Kraft dafür ein, dass diese Sparpläne nicht Realität werden (hier können Sie ihn dabei unterstützen).

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