In der Schweiz haben rund 1,67 Millionen Personen Mühe mit Lesen und Schreiben, Mathematik oder im adaptiven Problemlösen. Das zeigen die Ergebnisse der PIAAC-Studie der OECD. Es sind die wichtigsten Daten zum Thema seit 2003.
22 Prozent (1,25 Millionen) der Erwachsenen in der Schweiz haben im Lesen geringe Kompetenzen. Das heisst zum Beispiel, dass sie nur kurze, sehr einfache Texte verstehen können oder Informationen nur finden, wenn diese klar angegeben sind. In der Alltagsmathematik sind es knapp 19 Prozent (1,06 Millionen Personen) und im adaptiven Problemlösen 24 Prozent (1,38 Millionen Personen).
Dies zeigt der nationale Bericht des Bundesamtes für Statistik (BFS) zu den ersten Resultaten des zweiten Zyklus des Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) der OECD. Die Studie wurde erstmals 2011 in fast 40 Ländern durchgeführt. In der Schweiz haben 6648 Erwachsene zwischen 16 und 65 Jahren an der Befragung teilgenommen. Es handelt sich um die erste Erhebung aktueller Daten zu diesem Thema in der Schweiz seit der Erhebung ALL – Adult Literacy and Life Skills im Jahr 2003.
Schweiz über dem Schnitt
Demnach weisen 15 Prozent der Erwachsenen in der Schweiz in allen drei Bereichen – Lesen, Mathematik, Problemlösen – tiefe Werte aus. Weitere 6 Prozent haben in zwei Kompetenzen grosse Defizite, die restlichen 9 Prozent nur in einer (2,5 Prozent nur im Lesen, 1,5 Prozent nur in Alltagsmathematik und 4,7 Prozent nur im Problemlösen). Insgesamt sind rund 1,67 Millionen Personen in mindestens einem Bereich von geringen Kompetenzen betroffen. Die grosse Mehrheit dieser Gruppe ist erwerbstätig.
Die durchschnittlichen Kompetenzwerte der Schweiz liegen in allen Bereichen signifikant über dem OECD-Durchschnitt. Im internationalen Vergleich erreichen Finnland, Japan, Schweden, Norwegen und die Niederlande in allen drei Kompetenzbereichen die höchsten Werte.
In den letzten zehn Jahren haben sich in Bezug auf die Zahlen nur wenige Länder positiv entwickelt. Eine Überraschung auch für OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher. Dies sei weder mit Migration noch mit der alternden Bevölkerung in den OECD-Ländern zu erklären. Stattdessen stellt er eine «wachsende soziale Disparität» und einen «Leistungsabstand» fest. Sprich: Das Gefälle zwischen den Leistungsstärksten und -schwächsten hat sich vergrössert.
Lesekompetenz nimmt mit dem Alter ab
Weiter zeigen die Zahlen: Mit zunehmendem Alter sinken die Kompetenzen. Von den 56- bis 65-Jährigen in der Schweiz haben leicht über 30 Prozent geringe Lesekompetenzen, bei den 16- bis 25-Jährigen sind es nur 10 Prozent. Ähnlich sieht es bei den anderen zwei Bereichen aus. Auch unter der Berücksichtigung weiterer Merkmale (z.B. Bildungsniveau) bleiben Unterschiede zwischen den Altersgruppen bestehen.
Mit steigendem Bildungsstand hingegen steigen auch die Kompetenzen. Von den Personen ohne nachobligatorischen Schulabschluss haben in allen drei Bereichen über 40 Prozent geringe Kompetenzen. Bereits mit einem Abschluss auf Sekundarstufe II halbiert sich dieser Anteil annähernd.
Bund fördert Grundkompetenzen von Erwachsenen
Der Bund will anhand der Erkenntnisse aus der internationalen Studie seine Förderstrategien gezielt verbessern. Das Weiterbildungsgesetz ermöglicht es den Kantonen, Programme zur Förderung der Grundkompetenzen anzubieten. (Der SVEB setzt sich mit den Gutscheinprojekten und dem Förderschwerpunkt «Einfach besser! … am Arbeitsplatz» dafür ein). Weiter können Sprachkurse als arbeitsmarktliche Massnahmen für registrierte arbeitslose Personen im Rahmen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes oder im Rahmen der kantonalen Integrationsprogramme KIP für neu zugezogene Migrantinnen und Migranten erfolgen.
Die gewonnenen Daten können dabei helfen, die Massnahmen effektiver auf die Bedürfnisse der Zielgruppen abzustimmen. Um die Wirksamkeit der Programme zu erhöhen, arbeitet der Bund eng mit interkantonalen und nationalen Gremien zusammen. Ziel sei es, den Erwachsenen in der Schweiz die Kompetenzen zu vermitteln, die sie in Beruf und Alltag brauchen.