Wie erhalten Armutsbetroffene besseren Zugang zu Bildung?


In der Schweiz stellt fehlende Bildung ein grosses Risiko dafür dar, in Armut zu geraten. Was getan werden kann, um gering qualifizierte, armutsbetroffene Menschen an Bildungsangebote heranzuführen, eruierte eine Studie im Auftrag der Nationalen Plattform gegen Armut.

Auf dem Arbeitsmarkt werden vermehrt qualifizierte Arbeitnehmende gesucht, die sich permanent weiterbilden. Wer aber bereits mit Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben, Rechnen oder der Nutzung von Basis-Computeranwendungen Probleme hat, verpasst den Anschluss. Ungenügendes Einkommen, prekäre Lebenssituationen und soziale Isolation sind dann die Folge.

Befragung der direkt Betroffenen

Von Oktober 2021 bis Januar 2022 führte die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zusammen mit der Haute école de travail social (HETS) und der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI) Interviews mit 80 armutsbetroffenen und -gefährdeten, gering qualifizierten Personen in der ganzen Schweiz. Hinzu kamen Gespräche mit Fachpersonen aus dem Sozial- und Bildungsbereich, Literaturrecherchen und statistische Analysen.

Die Ergebnisse zeigen eine grosse Vielfalt von Gründen für einen erschwerten Bildungszugang in den analysierten Lebens- und Problemlagen und biografischen Verläufen. Gleichzeitig wird deutlich, dass gesellschaftliche (Ungleichheits-)Bedingungen die individuellen Handlungsspielräume in den untersuchten Lebensläufen einengen.

Faktoren, die den Bildungszugang erschweren

Neben der grundlegenden Armutssituation und finanziellen Knappheit beeinflussen folgende Umstände die individuellen Einstellungen und Prioritäten in Bezug auf Bildung und Weiterbildung:

  • Situative Faktoren: gesellschaftlich bedingte Belastungen (z. B. alleinerziehend oder über 50-jährig)
  • Dispositionale Faktoren: biografisch bedingte Einstellungen gegenüber Bildung
  • Strukturelle Faktoren: soziale Ungleichheit und Benachteiligung
  • Institutionelle Faktoren: eingeschränkter Zugang zu Beratung und finanzieller Unterstützung

Erkenntnisse und Empfehlungen der Studie

Die im Auftrag der Nationalen Plattform gegen Armut durchgeführte Studie kommt zu folgendem Schluss:

  • Bildungsangebote für Erwachsene sollten die Bedürfnisse und Sichtweise von Armutsbetroffenen stärker berücksichtigen.
  • Für Armutsbetroffene ist es mit grossen Hürden verbunden, eine Aus- oder Weiterbildung zu absolvieren.
  • Sinnvoll wären u. a. eine bedarfsgerechtere Finanzierung, eine bessere Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Bildung, eine weitere Stärkung alternativer Bildungswege sowie niederschwelligere Zugänge zu Informationen und professioneller Beratung und Begleitung.

Unser Engagement

Der SVEB setzt sich mit verschiedenen Projekten und Initiativen für die Förderung der Grundkompetenzen ein. Sie ermöglichen die selbstbestimmte Teilnahme am beruflichen und gesellschaftlichen Leben und sind die Voraussetzung für lebenslanges Lernen.

Bild: Soziale Sicherheit CHSS