Fünf Jahre Weiterbildungsgesetz – eine erste Bilanz


An der diesjährigen bildungspolitischen Tagung des SVEB vom 5. Mai stand das Weiterbildungsgesetz (WeBiG) im Zentrum. Die Bilanz zur bisherigen Wirkung des WeBiG fällt durchzogen aus. Während in einzelnen Bereichen positive Effekte zu verzeichnen sind, hat das Gesetz aus Sicht des SVEB in seinen ersten fünf Jahren insgesamt nur geringe Auswirkungen erzielt und sollte weiterentwickelt werden.

Der Schweizerische Verband für Weiterbildung (SVEB) hat sich über Jahrzehnte für ein Weiterbildungsgesetz engagiert und dessen Einführung Anfang 2017 als wichtigen Meilenstein für die Weiterbildung gefeiert. Bereits damals war jedoch klar, dass das WeBiG den Verfassungsauftrag nur in minimaler Weise umsetzen und eher die bestehende Praxis bestätigen als innovative Perspektiven eröffnen würde. Die erste Bilanz an der bildungspolitischen Tagung des SVEB bestätigt die damalige Einschätzung.

Positive Auswirkungen des WeBiG

Wie SVEB-Direktor Bernhard Grämiger an der Tagung aufzeigte, hat das WeBiG in zwei Bereichen zu einer wesentlichen Verbesserung der Situation der Weiterbildung geführt: Die Förderung der Grundkompetenzen Erwachsener wurde stark ausgebaut und hat inzwischen einen festen Platz in der Weiterbildungspolitik von Bund und Kantonen. Fortschritte sind nicht nur in der Finanzierung zu verzeichnen, sondern auch in der Koordination und bei den Förderstrukturen in den Kantonen.

Der zweite Bereich, in dem das WeBiG positive Auswirkungen hatte, ist die Arbeit der Dachorganisationen in der Weiterbildung. Mit dem WeBiG erhielt das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) die rechtliche Grundlage, um Leistungsvereinbarungen mit den Dachorganisationen, darunter der SVEB, abzuschliessen und so eine kontinuierliche Förderung übergeordneter Leistungen zu gewährleisten.

Sowohl bei den Grundkompetenzen als auch bei den Dachorganisationen wurden die finanziellen Mittel in der zweiten Periode der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Periode 2021–2024) nochmals erhöht.

Grundsätze entfalten kaum Wirkungen

Als Rahmengesetz definiert das WeBiG fünf Grundsätze, die in allen Gesetzen, welche Bestimmungen zur Weiterbildung enthalten, zur Anwendung kommen sollen. Gemäss Einschätzung des SVEB-Direktors haben diese Grundsätze in den ersten fünf Jahren des WeBiG kaum Wirkung entfaltet – mit zwei Ausnahmen: Die Hochschulen haben sich mit Verweis auf den Wettbewerbsgrundsatz selbst verpflichtet, ihre Weiterbildungsangebote kostendeckend anzubieten. Im Fall der öffentlich finanzierten Weiterbildungsinstitutionen zeitigte das Gesetz teilweise negative Konsequenzen: In einigen Kantonen kam es zu einer deutlichen Reduktion der Subventionen, was mehrheitlich mit dem Wettbewerbsartikel im WeBiG begründet wurde.

Bei den übrigen Grundsätzen – Verantwortung, Qualitätssicherung, Anrechnung von Bildungsleistungen, Chancengleichheit – lässt sich gemäss Einschätzung von Bernhard Grämiger keine sichtbare Wirkung des WeBiG feststellen.

Fazit

In seinem Fazit zu fünf Jahren WeBiG hielt der SVEB-Direktor denn auch fest, dass der Weiterbildungsbereich an Sichtbarkeit und politischer Legitimität gewonnen, die Grundkompetenzförderung wesentliche Fortschritte gemacht und ein deutlicher Ausbau der systembezogenen Leistungen der Dachverbände stattgefunden habe. Die Grundsatzartikel, die immerhin den Kern des WeBiG ausmachen, sind aber laut Grämiger weitgehend wirkungslos geblieben.

Diese Einschätzungen des SVEB wurden an der Tagung einem prominent besetzten, von SVEB-Vizepräsidentin Claudia Zürcher moderierten Podium zur Diskussion vorgelegt. Im Podium diskutierten Rémy Hübschi (SBFI), Maja Huber (Interkantonale Konferenz für Weiterbildung IKW), Nicole Cornu (Schweizerischer Gewerkschaftsbund), Eveline Branders (Interprofessionelles Weiterbildungszentrum IWZ) und Pius Knüsel (Verband der Schweizerischen Volkshochschulen) über die Auswirkungen und die Zukunft des WeBiG. Dabei teilten die Podiumsteilnehmenden mehrheitlich die Einschätzung des SVEB-Direktors.

SBFI-Vizedirektor Rémy Hübschi betonte zudem die Herausforderungen im Hinblick auf die Steuerung und das Monitoring des sehr heterogenen Weiterbildungsbereichs. Dass die verfügbaren Daten teilweise fast zwanzig Jahre alt sind, erschwere die Steuerung zusätzlich. Das im Aufbau befindliche neue Ressort Weiterbildung beim SBFI soll die Steuerung und die Koordination verbessern. 

Ausblick

Im Zentrum der Podiumsdiskussion standen neben dem Rückblick das künftige Potenzial des Gesetzes und die Möglichkeiten, den Weiterbildungsbereich weiterzuentwickeln. Vorgeschlagen wurden die Umsetzung des seit längerem diskutierten, regelmässigen «Spitzentreffens Weiterbildung», ein Ausbau der Weiterbildungsstatistik sowie eine stärkere Förderung der kulturellen und allgemeinen Weiterbildung. Die Podiumsteilnehmenden waren sich mehrheitlich einig, dass das Potenzial des WeBiG noch nicht ausgeschöpft sei.

Der SVEB teilt diese Einschätzung. Aus Sicht des SVEB reicht allerdings auch eine konsequente Umsetzung der bislang wirkungslosen WeBiG-Grundsätze nicht aus, um die anstehenden Herausforderungen auf Systemebene zu bewältigen. Der SVEB plädiert deshalb für eine rasche Weiterentwicklung des WeBiG. Notwendig ist diese insbesondere, um systemische Herausforderungen wie die nach wie vor hohe Teilnahmedisparität zwischen hoch und gering Qualifizierten zu bewältigen; bisher konnte das WeBiG die Disparität nicht verringern. Einen weiteren Grund für die Erweiterung des WeBiG sieht der SVEB in der aktuellen internationalen Entwicklung. Diese zeigt, dass sich die Rolle und die Anforderungen an die Weiterbildungssysteme derzeit europaweit verändern. So schreibt die EU der Weiterbildung beispielsweise beim Klimaschutz eine zentrale Rolle zu. Das aktuelle WeBiG bietet keine Handhabe, dieser Entwicklung zu begegnen.

Bild: DV SVEB