«Fast alle würden wieder damit arbeiten»


Im Projekt XR Women wird mit Virtual Reality im Sprachunterricht experimentiert. Damjan Poplasin von Academia Integration hat mit dem Projektteam eine Pilotlektion entworfen und durchgeführt. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen und Erkenntnissen.

Interview: Saambavi Poopalapillai

Herr Poplasin, was hat Sie motiviert, beim Projekt XR Women mitzuwirken?
Ich war schon immer an neuen Technologien interessiert und besonders VR und AR haben mich seit ihrer grösseren Verbreitung in der Gesellschaft angezogen. Als ich die Möglichkeit bekam, dieses Interesse mit meiner Leidenschaft für den Unterricht mit geflüchteten Menschen zu kombinieren, war für mich kein Zweifel vorhanden, an diesem Projekt mitwirken zu wollen.

Sie haben im Rahmen des Projektes eine Pilotlektion für die Verwendung von XR-Technologien im Sprachunterricht entworfen und durchgeführt. Was hat Sie dabei überrascht?
Die Teilnehmenden haben allesamt positiv auf die neue Unterrichtsmethode reagiert und zeigten Interesse daran, damit zu arbeiten. Einige hatten schon von VR gehört oder es sogar schon getestet, aber selbst die komplett unerfahrenen Teilnehmenden fanden sich schnell mit dem Cardboard zurecht. So verlief die Pilotlektion viel eigenständiger als von mir vorausgesehen und die Teilnehmenden mussten nur minimal unterstützt werden.

Gab es während der Pilotierung eine Situation, die Sie zum Lachen brachte?
Auf jeden Fall. Es ist immer etwas lustig, anderen bei der Verwendung einer VR-Brille – oder eines VR-Cardboards in diesem Fall – zuzuschauen. Da die Teilnehmenden motiviert waren, mit dem Gerät zu arbeiten, versanken sie auch ein bisschen in diese Welt, was von allen, die gerade kein Cardboard von den Augen hatten, schmunzelnd beobachtet wurde.

Wie kam die Pilotlektion bei den Teilnehmenden an?
Eine Umfrage nach der Pilotlektion zeigte, dass fast alle Teilnehmenden gerne wieder damit arbeiten würden und die Lektion interessant fanden. Das hat mich dazu motiviert, in Zukunft vielleicht wieder eine Unterrichtseinheit mit dem VR-Cardboard zu planen.

Das Projekt heisst ja XR Women und richtet sich in erster Linie an Frauen und Migrantinnen. Konnten Sie bei der Pilotierung oder auch danach Unterschiede zwischen Frauen und Männern feststellen?
Grundsätzlich war der einzige Unterschied, dass nur Männer vor der Pilotierung schon Kontakt mit einem VR-Headset hatten. Während der Umsetzung des Projekts fielen mir keine Unterschiede auf. Beide Geschlechter schienen gleich interessiert zu sein.

Was haben Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Sprachschule erzählt über die Pilotlektion?
Ich habe von den positiven Eindrücken aus der Pilotlektion erzählt und davon auch in unserem internen Monatsmagazin berichtet. Ausserdem habe ich einen Workshop geplant, an welchem unsere Lehrpersonen teilnehmen konnten, um selbst das VR-Cardboard zu testen und sich Gedanken zum Einsatz in Integrationskursen zu machen. Viele Lehrpersonen schienen Interesse an meinen Eindrücken zu haben und fragten mich danach, wie es bei der Umsetzung gelaufen sei.

Und welche Reaktionen gab es auf den internen Workshop?
Die Reaktionen waren durchwegs positiv. Einige zeigten sich nur skeptisch, wie gut dieses Medium in einem Kurs mit vielen schulungewohnten Teilnehmenden funktioniere. Die Fragen drehten sich also vor allem um die Umsetzbarkeit in verschiedenen Kurskonstellationen und Kursniveaus.

Sie haben gemeinsam mit dem Projektteam diese Pilotlektion gestaltet und getestet. Wie schätzen Sie das Potenzial von XR-Technologien im Sprachunterricht mit Erwachsenen ein?
In der Recherche hat sich gezeigt, dass es bis anhin vor allem Applikationen gibt, welche auf individuelles Lernen zugeschnitten sind und für «richtige» VR-Headsets (Oculus, PlayStation VR) konzipiert sind. Diese sind meiner Meinung nach für den Sprachunterricht im Allgemeinen und den Integrationsunterricht im Besonderen nur sehr bedingt sinnvoll. Dies aufgrund des immer noch hohen Preises solcher Geräte und dem vergleichsweise geringen Mehrwert, der für den Unterricht generiert wird, aufgrund von einem kleinen Angebot an Applikationen. Dies war der Grund, weshalb ich mich für das VR-Cardboard entschieden habe. Es ist äusserst preiswert und wird in erster Linie von einem Smartphone betrieben, welches mittlerweile alle Teilnehmenden in der Tasche haben. Trotz einem eher spärlichen Angebot an VR-Apps für Smartphones, kann so mit etwas Kreativität ein motivierender und spannender Unterricht geplant werden.

Gibt es aus Ihrer Sicht Vorteile durch die Verwendung von XR-Technologien im Sprachunterricht im Vergleich zu anderen Unterrichtsmethoden?
Ich sehe das grosse Potenzial darin, dass XR-Technologien den Teilnehmenden zusätzliche Motivation fürs Sprachenlernen liefern können und sie in virtuelle Welten versetzen können, welche es ihnen erlauben, in einem authentischen Setting (bspw. ein virtuelles Restaurant) die Sprache zu üben.

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