Portugal plant die Einführung einer Qualitätssicherung für die Erwachsenenbildung und will dabei von den Erfahrungen anderer Länder lernen. Für das Projekt verantwortlich ist die OECD. Diese organisierte am 23. November in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission ein internationales Austauschtreffen, an dem das österreichische Label Ö-Cert und das eduQua-Label vorgestellt wurden. Der Austausch brachte auch für eduQua wertvolle Impulse.
Federführend in der Entwicklung einer Qualitätssicherung in Portugal ist ANEQP, die nationale Agentur für die berufliche Qualifikation und Ausbildung. Am Treffen nahmen neben ANEQP Vertreterinnen und Vertreter der OECD, der Europäischen Kommission und der portugiesischen Behörden sowie von Organisationen der Aus- und Weiterbildung in Portugal teil. Die ANEQP war mit Ana Claudia Valente vertreten. Andrew Bell, amtierender Leiter des OECD Centre for Skills, stellte das Projekt zur Förderung der Qualitätssicherung in der Erwachsenenbildung und -ausbildung in Portugal vor.
Ziel war in erster Linie, den Kolleginnen und Kollegen aus Portugal zwei unterschiedliche Systeme der Qualitätssicherung vorzustellen: das österreichische Qualitätszertifikat Ö-Cert und das schweizerische Qualitätslabel eduQua.
Zwei verschiedene Qualitätssysteme
Sabine Püskül von Ö-Cert gab Einblick in das österreichische System. Die Dachorganisation stellt den Bildungsinstitutionen auf Antrag ein übergeordnetes Qualitätszertifikat aus. Dazu müssen die Institutionen darlegen, dass sie ein von Ö-Cert anerkanntes Qualitätszertifikat besitzen, seit drei Jahren mit ihren Angeboten auf dem Markt sind und regelmässig Kurse durchführen sowie grundlegende Anforderungen an die Erwachsenenbildung erfüllen. Zu den anerkannten Zertifikaten gehört auch das schweizerische eduQua-Zertifikat.
Ueli Bürgi, Leiter Qualität in der Weiterbildung beim SVEB, stellte das eduQua Zertifikat vor, welches in der Schweiz rund 1000 Weiterbildungsinstitutionen vorweisen können. Mit dem Label zeigen die Anbieter aus allen Bereichen der Weiterbildung, dass sie grundlegende Qualitätsanforderungen an die Organisation und die Weiterbildungsangebote erfüllen und die Qualität laufend weiterentwickeln. Vergeben wird das Zertifikat von jeweils einer der sieben Zertifizierungsstellen, die wiederum regelmässig von SAS, der Schweizerischen Akkreditierungsstelle, auf ihre Qualität hin überprüft werden.
Herausforderungen für die Qualitätssicherung in Portugal
Portugal hat ähnlich wie die Schweiz eine sehr föderalistische Struktur, verfügt aber noch nicht über eine übergeordnete Struktur für die Qualitätssicherung. Worin die besonderen Herausforderungen bei der Umsetzung eines solchen übergeordneten Systems in Portugal liegen, veranschaulichten die beiden Vertreter des OECD Centre for Skills, Laura Reznikova und Ricardo Espinoza. Im Anschluss an ihre Analyse beantworteten die Ö-Cert-Vertreterin Sabine Püskül und der eduQua-Geschäftsstellenleiter Ueli Bürgi Fragen zu den beiden Systemen, worauf sich eine lebhafte Diskussion ergab, die insbesondere um zwei Fragen kreiste: Wie können die Anforderungen einer externen Qualitätsnorm in der Praxis umgesetzt werden? Und wie verläuft konkret der Aufbau der Qualitätssicherung bei den Weiterbildungsanbietern?
Was der SVEB aus dem Austausch mitnimmt
Aufgrund seiner rund 20-jährigen Erfahrung mit dem eduQua-Label kann der SVEB einiges an Know-how und Erfahrungen zu den konkreten Fragen in Bezug auf den Aufbau der Qualitätssicherung in der Weiterbildung beitragen. Gleichzeitig ist ein solcher Erfahrungsaustausch aber auch für den SVEB selbst äusserst wertvoll. So formulierten die Vertreterinnen und Vertreter aus Portugal sowie der OECD zentrale Fragestellungen, die auch bei der aktuellen Revision der eduQua-Qualitätsnorm eine wichtige Rolle spielen:
- Was sind die Vorteile eines allgemeinen, externen Qualitätssystems wie eduQua mit rund 20 Standards und konkreten Anforderungen, die von den akkreditierten Zertifizierungsstellen überprüft werden?
Bei der Ausrichtung der eduQua-Revision war es bei allen Stakeholdern unbestritten, dass die übergeordnete Anerkennung durch die SAS ein zentraler Faktor für die Verbindlichkeit und die Bedeutung des Labels darstellt. Gleichzeitig soll die Rolle von eduQua als Basislabel für alle Bereiche der Weiterbildung und die Koordination mit anderen, bereichs- oder fachspezifischen Qualitätslabels verstärkt werden. Dies ist auch für die kantonalen und eidgenössischen Förderstrukturen, die Angebote unterstützen oder Anbieter akkreditieren, zentral. Die Durchlässigkeit und mögliche Synergien werden unter anderem in der laufenden Pilotierung mit der revidierten Norm überprüft.
- Wie lässt sich eine Balance finden zwischen den grundlegenden Qualitätsanforderungen auf der Ebene von Organisation, Angeboten und Lernprozessen der Qualitätsnorm und den sehr unterschiedlichen Bedingungen und Strukturen der Anbieter in den verschiedenen Weiterbildungsbereichen? Wie kann deren Heterogenität erhalten bleiben?
Aus der Sicht von eduQua ist die Flughöhe der Qualitätsanforderungen entscheidend. Die Kriterien und Standards müssen aussagekräftig und überprüfbar sein und gleichzeitig genügend Spielraum für die konkrete situationsgerechte Ausgestaltung im jeweiligen Qualitätsbereich lassen. Eine Herausforderung stellt die Definition von Qualitätsnachweisen dar, die sowohl für kleine als auch für grosse Anbieter sinnvoll und praktikabel sind. In diesem Bereich können mit der revidierten Norm eduQua:2021 weitere Optimierungen erreicht werden. Wichtig wird auch die Wegleitung sein, die den Charakter der Anforderungen konkret aufzeigt und praktische Hinweise zur Umsetzung gibt.
- Wo liegen die Stärken und Schwächen der beiden unterschiedlichen Qualitätssysteme Ö-Cert und eduQua?
Das vorgestellte Ö-Cert-System weist beim Verfahren einen attraktiven Vorteil auf: Die Anbieter können mittels eines elektronischen Fragebogens in rund einer Stunde alle nötigen Angaben erfassen, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen. Allerdings bleiben die allgemeinen Anforderungen auf der Makroebene und die anerkannten, regionalen und internationalen Qualitätsnormen sind kaum vergleichbar.
Das eduQua-Label liegt dagegen auf der Meso-Ebene und unterstützt den konkreten Aufbau der Qualitätssicherung und -entwicklung bei den Anbietern mit vergleichbaren und praxisbezogenen Anforderungen. Das Audit-Verfahren und die Dokumentation der Qualitätsmassnahmen sind dementsprechend viel aufwändiger, vor allem bei einer Erstzertifizierung. Mit der Entwicklung von digitalen Formen und Instrumenten zur Dokumentation und Information kann aber auch bei eduQua die effiziente Erarbeitung und Aufbewahrung der dokumentierten Informationen zur Qualität noch verbessert werden.
Der internationale Austausch hat wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung des eduQua-Labels gebracht. Von Seiten des SVEB freuen wir uns auf die weitere Zusammenarbeit auf europäischer Ebene in diesem und hoffentlich weiteren Projekten.
Ueli Bürgi und Karin Stammbach, SVEB