Informationsdefizit hält junge Lehrabgänger möglicherweise von Weiterbildung ab


Junge Erwachsene wissen oft zu wenig über die Aus- und Weiterbildungen, die ihnen offenstehen und deren Einfluss auf ihr späteres Einkommen. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der ETH Zürich. Dieses Informationsdefizit halte die Befragten möglicherweise davon ab, eine Weiterbildung anzutreten, heisst es in der Studie.

Weiterbilden oder nicht weiterbilden? Und wenn ja: Welche Weiterbildung wählen? Mit diesen Fragen werden sich die meisten jungen Erwachsenen früher oder später auseinandersetzen – insbesondere diejenigen, die eine Lehre abgeschlossen haben und sich Gedanken darüber machen, wie sie sich beruflich weiterentwickeln können. Die ETH Zürich hat 539 junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 35 Jahren mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) oder einem Eidgenössischen Berufsattest (EBA) zu ihren Entscheidungen für weiterführende Ausbildungen und zu ihrem Wissen über Möglichkeiten und Chancen der verschiedenen Optionen befragt. Dabei zeigt sich: Vorstellung und Realität klaffen zum Teil ziemlich weit auseinander – mit Folgen für die Entscheidungsfindung.

Lohn unterschätzt …

Die Befragten waren selbst der Meinung, relativ gut über ihre Ausbildungsmöglichkeiten informiert zu sein. Doch die Studienautoren wollten es genauer wissen: Sie liessen die jungen Erwachsenen schätzen, wie viel sie mit verschiedenen Abschlüssen verdienen würden, also beispielsweise mit einem Fachhochschulabschluss oder als Absolvent einer Höheren Fachschule oder Universität. Dabei zeigte sich, dass die Löhne systematisch unterschätzt wurden – am stärksten bei der höheren Berufsbildung, wo die effektiven Monatslöhne etwa 2000 Franken höher liegen, als was die Befragten geschätzt hatten. «Diese Fehleinschätzungen sind wichtig, da der erwartete Lohnzuwachs eine zentrale Rolle dabei spielt, ob und welche Ausbildung jemand machen will», schreiben die Studienautoren.

… Möglichkeiten überschätzt

Ein ähnliches Informationsdefizit zeigt sich bei der Einschätzung, für welche Ausbildungen die jungen Erwachsenen mit ihrer Erstausbildung ohne weitere Auflagen zugelassen sind. Nicht nur antworteten viele mit «unsicher» auf die Frage – ein grosser Anteil der Befragten war auch fälschlicherweise der Ansicht, zu bestimmten Aus- und Weiterbildungen zugelassen zu sein. Am häufigsten kam es zu solchen Fehleinschätzungen bei der höheren Berufsbildung, was den Studienautoren zufolge aber insofern nicht verwunderlich sei, weil in diesem Bereich die Zulassungsbedingungen stark variieren würden.

Informieren und sensibilisieren

Aufgrund dieser Ergebnisse halten die Studienautoren fest, es bestehe «noch Potenzial für weitere Informationsvermittlung und Sensibilisierung im Hinblick auf die vielfältigen und komplexen Möglichkeiten des Schweizer Bildungssystems.» Die für die Befragung gewählte Stichprobe ist zwar nicht repräsentativ, dennoch gebe die Studie ein erstes Bild zum möglichen Handlungsbedarf seitens der Bildungspolitik, heisst es darin. Die jungen Erwachsenen müssten besser informiert werden über die Möglichkeiten aber auch über die Zulassungsbedingungen.

Rolle der Weiterbildung

Die Studie fokussiert auf formale tertiäre Abschlüsse, enthält aber auch für die Weiterbildung relevante Aussagen. Interessant sind beispielsweise die Befunde zum Informationsstand sowie die Gründe und Hindernisse für die Wahl einer weiterführenden Aus- oder Weiterbildung. Rund 60 % der Befragten haben nach der beruflichen Grundbildung mindestens eine non-formalen Weiterbildung absolviert (Sprachdiplom oder tertiäre Weiterbildung wie CAS, DAS etc.). Über mögliche Zusammenhänge zwischen der Weiterbildungsaktivität und der Entscheidung, weitere formale Abschlüsse anzustreben, gibt die Studie allerdings keine Auskunft.