Kanton Luzern leistet Pionierarbeit in der Förderung von Grundkompetenzen


Die diesjährigen Luzerner Berufsbildungsgespräche drehten sich um die Grundkompetenzenförderung. Der Innerschweizer Kanton engagiert sich zielgerichtet und unbürokratisch für die Förderung von Erwachsenen mit Lernbedarf in Lesen, Schreiben, Alltagsmathematik oder Informationstechnologie.

«So zielgerichtet, so unkompliziert, so unbürokratisch wie möglich». So fasste der Luzerner Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann zu Beginn der diesjährigen Berufsbildungsgespräche zusammen, wie die Grundkompetenzenförderung im Kanton vonstatten gehen soll. Regierungsrat Schwerzmann schloss sein Eingangsreferat mit einem Appell an die Wirtschaft, diese solle sich bei der Förderung der Grundkompetenzen einbringen – nicht nur aus sozialer Verantwortung, sondern auch aus Eigeninteresse: «Die Wirtschaft kann auf das Potenzial der zirka 45’000 Personen mit einem Mangel in Grundkompetenzen nicht verzichten.» Konkret sollten sich die Arbeitgeber als Botschafter in dieser Frage engagieren.

Damit waren die zwei Hauptthemen des – coronabedingt digital stattfindenden – Anlasses gesetzt: Wie geeignete Massnahmen zur Grundkompetenzenförderung aussehen und wie man mit diesen die richtigen Personen erreicht.

Bildungsgutscheine für alle

In dieser Form schweizweit einzigartig ist das Bildungsgutscheinsystem, das der Kanton Luzern diesen September in Zusammenarbeit mit dem SVEB lanciert hat. Personen mit Nachholbedarf im Bereich Grundkompetenzen können einen Gutschein im Wert von 500 Franken direkt via die Projektwebsite herunterladen und für ausgewählte Kurse einsetzen. Unkompliziert und unbürokratisch. Für das Projekt in Luzern zuständig ist Patricia Buser, die Leiterin des Ressorts Weiterbildung bei der kantonalen Dienststelle Berufs- und Weiterbildung. Sie nutzte die Berufsbildungsgespräche für eine erste Zwischenbilanz des Projekts: In den ersten zwei Monaten des Projekts wurden rund 100 Gutscheine bezogen – mehr als zwei Drittel davon aufgrund der Empfehlung von Betrieben, Fachstellen, Privatpersonen etc. Letztere sind wichtige Partner in der Multiplikatorenkampagne, die der Kanton aufgebaut hat, um möglichst viele Betroffene mit Unterstützung von Fachleuten, mit denen sie in Kontakt sind, zu erreichen.

Weiterbildungsoffensive beim Zentrum für Soziales 

Ein wichtiger Multiplikator sind auch die Sozialdienste, so beispielsweise das Zentrum für Soziales der Region Hochdorf/Sursee. Die Sozialregion nimmt an der Weiterbildungsoffensive von SKOS und SVEB teil und arbeitet derzeit daran, die internen Strukturen im Sozialdienst dahingehend zu verändern, dass Sozialberatende bei den Klientinnen und Klienten einen Förderbedarf in den Grundkompetenzen erkennen und die Teilnahme an einem Kurs empfehlen können. Der Bildungsgutschein und der Ausbau des Angebots im Bereich Grundkompetenzen kommen da zur rechten Zeit, bestätigt Hansueli Kessler, Leiter Sozialberatung bei Zenso.

Gratiskurs Lesen und Schreiben

Von der Anbieterseite kam an den Berufsbildungsgesprächen der Rektor des Weiterbildungszentrums Luzern (WBZ), Patrick Stalder, zu Wort. Das WBZ biete schon seit einiger Zeit einen Kurs zur Verbesserung der Fähigkeiten im Lesen und Schreiben an. Einen Kurs pro Jahr notabene, denn Stalder betont, wie schwierig es ist, diese Zielgruppe überhaupt zu erreichen und dann auch zu überzeugen, tatsächlich einen solchen Kurs zu besuchen. Zu hoch ist oft die Hürde, die die Scham bei vielen Betroffenen errichtet. Gemäss der kantonalen Weiterbildungsverantwortlichen Patricia Buser besucht gerade einmal ein halbes Prozent der Betroffenen einen Kurs. Umso wichtiger erscheint daher, dass die Kurse so niederschwellig wie möglich besucht werden können. Das WBZ trägt dem Rechnung, indem der Grundkurs in Lesen und Schreiben ab nächstem Jahr kostenlos wird. Im nächsten Sommer lanciert das WBZ ausserdem einen neuen Basiskurs Grundkompetenzen, in dem neben Lesen und Schreiben auch Alltagsmathematik, IKT-Kompetenzen, Lerntechniken und Allgemeinbildung vermittelt werden.

Förderung am Arbeitsplatz

Einen wichtigen Zugang zu Personen mit mangelnden Grundkompetenzen können die Arbeitgeber ermöglichen – jene also, die Regierungsrat Schwerzmann in seinem Eintrittsvotum als Botschafter gewinnen wollte. Sie zeigten im zweiten Teil der Veranstaltung, was sie zur Förderung der Grundkompetenzen am Arbeitsplatz unternehmen: Der Baumeisterverband, der Angestellte im Bauhauptgewerbe in Sprachkurse schickt, oder der Zahnbürstenhersteller Trisa, der seine Angestellten in IT-Grundkompetenzen schult, um die Digitalisierung im Betrieb vorantreiben zu können. Zielgerichtet also.