Von «Faktencheck» bis zu «Unterwasserrugby»: «Zürich lernt» – aber wie lange noch?


Vom 15. bis 21. September 2025 fand zum zehnten Mal das Lernfestival «Zürich lernt» statt. An 28 Orten wurden über 280 Lektionen mehr als 2600 Mal gebucht. Doch die nächste Durchführung steht auf der Kippe. Kommunikationsverantwortliche Jacqueline Ackermann gibt Auskunft.

Frau Ackermann, warum veranstaltet man überhaupt ein Lernfestival? Es heisst ja stets, Weiterbildung sei Privatsache.
Unsere Vision lautet: «Wir ermöglichen den gemeinschaftlichen Austausch von Wissen und Fähigkeiten – kostenlos und für alle.» Es geht also nicht um die klassische Weiterbildung. Vielmehr stellen wir mit einem lokal verankerten Lernfestival und einem dezentralen Netzwerk von Menschen, die ihr Wissen weitergeben, das von- und miteinander Lernen ins Zentrum. Mit dem Wissens- und Lernfestival möchten wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die individuelle Selbstwirksamkeit stärken. Und wir fördern zugleich die Freiwilligenarbeit. 

Wie viele Menschen haben dieses Jahr daran teilgenommen? 
Wie viele Menschen genau teilgenommen haben, lässt sich schwer beziffern – viele haben mehrere Lektionen besucht oder ein «Gspändli» mitgebracht. Klar ist hingegen: Die in unserem Programm angebotenen Lektionen wurden insgesamt über 2600-Mal gebucht.

Was war die Bandbreite an Weiterbildungsangeboten?
Das Programm – in diesem Jahr wurden rund 280 Lektionen angeboten – ist jeweils sehr vielseitig. Es reicht von einem «Wildkräuter- und Heilpflanzenspaziergang» und «Ikebana – japanische Blumensteckkunst», über «Einführungskurs in die Chinesische Sprache», «Hula – traditioneller Tanz aus Hawai’i» und «Sketchnotes leicht gelernt» bis hin zu «Vom Schaf zum Schal – Wollverarbeitung von Hand», «Faktencheck beim SRF» und «Capoeira – Kampf und Tanz, Kunst und Magie» sowie «Arabische Kalligrafie», «Unterwasserrugby» und «Strong Female Voice». 

Was sind die erfreulichsten Rückmeldungen, die Sie bekommen haben?
Uns freut es besonders, wenn Menschen erzählen, dass sie bereits zum zweiten oder dritten Mal am Wissens- und Lernfestival teilnehmen. Manche haben sich nach einer Lektion weiterhin in der gleichen Runde getroffen – andere dabei sogar ein neues Hobby entdeckt. So besuchte etwa eine Teilnehmerin letztes Jahr eine Cello-Lektion und war so begeistert, dass sie danach selbst begann, Cello zu lernen. Diese positiven Rückmeldungen – übrigens auch von Wissensschenkenden – machen «Zürich lernt» aus.

Inwiefern ist ein möglichst geringes Gefälle zwischen Dozierenden und Lernenden wichtig?
Bei Zürich lernt geht es nicht um Dozierende und Lernende, sondern in erster Linie darum, dass Menschen, die etwas besonders gut können, ihr Wissen weitergeben. Dafür braucht es keine ausgebildeten Dozierenden mit didaktischem Hintergrund. Entscheidend ist vielmehr, dass sich alle auf Augenhöhe begegnen und Spass daran haben, ihr eigenes Wissen zu teilen und andere für ihre Leidenschaft oder ihr Hobby zu begeistern. Wir alle verfügen über nützliche Fähigkeiten und wertvolles Wissen. Wir ermutigen insbesondere Menschen, die keine professionelle Erfahrung haben, eine Lektion anzubieten.

Was möchten Sie sonst noch anfügen?
Wir möchten Wissen allen zugänglich machen – ganz unabhängig vom sozialen Hintergrund, Herkunft und Alter – und Menschen zusammenbringen, die sich sonst vielleicht nie begegnen würden. So tragen wir letztlich auch dazu bei, Berührungsängste und Vorurteile abzubauen und vielleicht sogar neue Freundschaften entstehen zu lassen. Leider ist die Weiterführung von «Zürich lernt» akut gefährdet.

Warum denn?
Wir sind als Verein organisiert und leisten alle Arbeit ehrenamtlich. Weil ein grosser Unterstützungsbeitrag wegfällt, sehen wir uns zurzeit mit finanziellen Problemen konfrontiert. Genauer fehlen rund 25‘000 Franken um das Festival kostendeckend durchzuführen. Wir sind daher auf der Suche nach neuen Sponsoren, aber auch alte, die uns weiterhin oder wieder unterstützen möchten. Deadline ist Ende Oktober: Bis dahin müssen wir entscheiden, ob wir weitermachen – oder die Planung des nächsten Durchgangs stoppen müssen.

Weitere Informationen