Seit Anfang 2023 können Personen, die sich Weiterbildungen nicht leisten können, sogenannte Arbeitsmarktstipendien beantragen. Das neue Angebot erreiche die relevanten Zielgruppen und erfülle deren Bedürfnisse, bilanziert die Stadt.
Je tiefer der Bildungsabschluss ist, desto seltener absolvieren Schweizerinnen und Schweizer eine Weiterbildung. Und: Personen mit tiefen Qualifikationen oder ohne Berufsausbildung haben das höchste Risiko, irgendwann Sozialhilfe zu beziehen. Seit 2023 gibt es darum in der Stadt Zürich die Arbeitsmarktstipendien, welche Personen über dem Existenzminimum eine Weiterbildung ermöglichen soll, die sie sich ansonsten nicht leisten könnten.
Nun zieht die Stadt bereits eine erste positive Bilanz: Die Arbeitsmarktstipendien erreiche die Zielgruppen und erfülle ihre Bedürfnisse, schreibt sie in einer Medienmitteilung. Vor allem die Möglichkeit, einen Erwerbsausfall während der Weiterbildung zu kompensieren, setze einen gezielten und hohen Anreiz für Menschen mit tiefem Erwerbseinkommen, eine passende Qualifizierungsmassnahme zu absolvieren.
120 Gesuche
Seit Jahresbeginn seien 120 Weiterbildungsgesuche eingegangen und davon gut die Hälfte bewilligt worden. Knapp ein Viertel der Gesuche wurde abgelehnt, weil sie die Kriterien nicht erfüllten, die restlichen befinden sich noch in Bearbeitung. Die durchschnittliche Stipendienhöhe lag bei 6900 Franken, insgesamt wurden rund 450’000 Franken gesprochen.
Abgelehnt habe man Stipendiengesuche zum Beispiel, wenn die entsprechende Weiterbildungsmassnahme bereits begonnen hatte oder wenn Vorhaben nicht als notwendig, zweckmässig und vertretbar beurteilt werden konnten.
Rund 70 Prozent der Stipendiengesuche seien von Beschäftigten ohne höheren Bildungsabschluss eingereicht worden. Das entspreche der Zielsetzung, in die Verbesserung der Arbeitsmarktfähigkeit von geringqualifizierten Erwerbstätigen zu investieren.
Zwei Drittel der finanzierten Weiterbildungen seien Fachkurse und Branchenabschlüsse, ein Fünftel Deutschkurse und gut zehn Prozent Berufsabschlüsse für Erwachsene. Die Arbeitsmarktstipendien finanzieren aber nicht nur direkte Kurskosten, sondern auch den Erwerbsausfall und eine allfällige externe Kinderbetreuung während der Weiterbildung.
An Bedingungen geknüpft
Gemäss Sozialvorsteher Raphael Golta musste das neue Angebot zuerst einmal bekannt gemacht werden. Er geht davon aus, dass die Anzahl Gesuche steigen wird.
Damit Antragsstellende Beiträge bekommen, haben sie einige Belege zu liefern. So müssen sie vorweisen können, dass sie selbst wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht für die Kosten der Weiterbildung aufkommen können, aber auch keine ausreichenden Beiträge vom Arbeitgeber erhalten oder anderen staatlichen Leistungen beanspruchen können.
Ausserdem müssen sie seit mindestens zwei Jahren in der Stadt Zürich wohnen, älter als 25 Jahre und arbeitsfähig sein. Auch hat die beantragte Weiterbildung an die Berufserfahrung anzuknüpfen.
Beispielhafte Fälle
Marco Graf, Stipendienberater des Zürcher Laufbahnzentrums beschrieb an der Pressekonferenz beispielhafte Fälle, wie der Tages-Anzeiger schreibt: So verhalfen die Stipendien einer 27-jährigen Frau und Mutter von drei Kindern zu einem Intensiv-Deutschkurs sowie einem PC-Grundkurs zur Vorbereitung auf die Berufsfachschule, damit sie im Hort, in dem sie Teilzeit arbeitet, eine Lehre als Fachfrau Betreuung antreten kann (Deutsch-Niveau B2 verlangt).
Einem 41-jährigen Vater, der als Essenskurier arbeitet, aber mit den Abend- und Wochenendeinsätzen hadert, finanziert die Stadt eine Weiterbildung zum Lastwagenchauffeur.
Eine 54-Jährige, welche seit 20 Jahren als Pflegehilfe arbeitet, weil ihr Abschluss als Pflegefachperson in der Schweiz nicht anerkannt ist, kann eine Ausbildung zur Assistentin Gesundheit und Soziales machen. Sie erhält Stipendien für den Erwerbsausfall während des Kurstags pro Woche.