Zum zweiten Mal wird die vom SVEB entwickelte GO-Weiterbildung durchgeführt. Kursleiterin Laetitia Hardegger erklärt, warum diese hilfreich ist und weshalb aktive Akquise bei Betrieben und intensive Netzwerkpflege dabei zentral sind.
Ganz grundsätzlich: Warum ist das Fördern von Grundkompetenzen wichtig?
Die Anforderungen am Arbeitsplatz haben sich in den letzten Jahren spürbar verändert – auch bei einfachen Tätigkeiten. Digitalisierung, neue Technologien und steigende Ansprüche an Qualität und Dokumentation fordern heute mehr Grundkompetenzen als früher. Lesen, Schreiben, Rechnen, sich verständlich ausdrücken oder mit digitalen Geräten umgehen zu können, ist längst kein «Extra» mehr, sondern Voraussetzung für viele alltägliche Aufgaben im Betrieb.
Wie kann das aufgefangen werden?
Seit 2018 unterstützt der Bund mit dem Angebot «Einfach besser!… am Arbeitsplatz» Unternehmen dabei, ihre Mitarbeitenden gezielt in arbeitsrelevanten Grundkompetenzen zu fördern. Das Besondere: Diese Kurse sind massgeschneidert auf den Betrieb – praxisnah, konkret und direkt am Arbeitsplatz umsetzbar.Im Unterschied zu klassischen Weiterbildungen orientieren sich die Inhalte nicht am Lehrbuch, sondern an den tatsächlichen Anforderungen im Unternehmen. Was müssen die Mitarbeitenden in ihrer Funktion konkret können? Welche Kompetenzen fehlen? Und wie können sie gezielt gestärkt werden?
Wo kommt das GO-Modell ins Spiel?
Damit Kurse im Betrieb gelingen, wurde mit der GO-Methode ein systematisches Vorgehen entwickelt. Es stellt sicher, dass die Bildungsangebote nicht nur gut gemeint, sondern gut gemacht sind. Die GO-Methode besteht aus fünf klaren Schritten:
- Anforderungsanalyse: Was wird im Arbeitsalltag tatsächlich verlangt?
- Bedarfserhebung: Können die Mitarbeitenden diese Anforderungen bereits erfüllen – wo gibt es Lücken?
- Bildungsmassnahme: Auf Basis dieser Erkenntnisse wird ein passendes Lernangebot entwickelt.
- Transfer: Das Gelernte wird gezielt im Arbeitsalltag angewendet – durch praktische Aufgaben und Übungen.
- Evaluation: Am Ende wird geprüft, was sich verändert hat und wie wirksam die Massnahme war.
Mit diesem Ansatz entstehen Bildungsangebote, die nicht nur Wissen vermitteln, sondern direkten Nutzen im Arbeitsalltag stiften. Mitarbeitende gewinnen an Sicherheit, Betriebe an Qualität.
Warum ist die GO-Weiterbildung nötig, insbesondere das Modul 2 «von der Akquise zur Gesuchstellung»?
Vielen Bildungsanbietern ist diese Form von massgeschneiderter Weiterbildung noch nicht vertraut. Darum wurde die modulare GO-Weiterbildung von einem Projektteam unter der Leitung vom SVEB im Jahr 2023 entwickelt. Sie sensibilisiert Anbieter, diese neue Art der arbeitsplatzorientierten Weiterbildung besser zu verstehen und professionell umzusetzen.Jedes der vier Module richtet sich an unterschiedliche Rollen bei der Entwicklung der Ausbildung. Das Modul 2 «Von der Akquise zur Gesuchstellung» unterstützt die Anbieter dabei, systematisch Betriebe anzusprechen, den konkreten Weiterbildungsbedarf mit einem direkten Bezug zur GO-Methode zu klären und anschliessend ein passgenaues Fördergesuch beim Bund oder den Kantonen einzureichen.Insgesamt trägt die GO-Weiterbildung damit zur Qualitätssicherung und Professionalisierung der Bildungsanbieter bei – so können mehr Beschäftigte von der Grundkompetenzförderung am Arbeitsplatz profitieren.
Warum ist dabei ein Netzwerk zentral?
Ohne gute Kontakte zu Betrieben, Branchenverbänden oder lokalen Arbeitsmarktakteuren bleibt die Nachfrage oft aus. Gerade Bildungsanbieter, die neu im Bereich «Einfach besser!… am Arbeitsplatz» tätig sind, spüren das schnell: Das beste Kursangebot nützt wenig, wenn niemand davon erfährt oder sich angesprochen fühlt.Viele Personen unterschätzen dabei, dass sie meist schon über ein Netzwerk verfügen – sie müssen es nur bewusst erkennen und aktivieren. Da ist zum Beispiel die Nachbarin, die ein Pflegeheim leitet und gerade ein neues digitales Patientenverwaltungssystem einführt. Oder der Vater einer Schulkollegin der Tochter, der als Teamleiter in einer Produktionsfirma arbeitet und am Elternabend erzählt, dass seine Mitarbeitenden Mühe haben, Formulare richtig auszufüllen – weil sie den Text nicht verstehen.Genau hier liegt Potenzial. Für die Akquise lohnt es sich, sowohl das persönliche als auch das berufliche Netzwerk zu nutzen und gezielt zu pflegen. Beziehungen, die auf Vertrauen und gemeinsamen Interessen basieren, öffnen Türen, die durch klassische Werbung oft verschlossen bleiben.
Was raten Sie Anbietern bezüglich Networking?
Netzwerkpflege ist kein «8-to-5-Job» und braucht Zeit. Das wird von Bildungsanbietenden unterschätzt. Meistens geschieht sie ausserhalb fester Strukturen: beim Tag der offenen Tür der lokalen Gärtnerei am Samstag oder beim informellen Gespräch an einer Gemeindeversammlung am Abend.Darum ist es wichtig, frühzeitig in Beziehungsarbeit zu investieren – nicht erst, wenn ein Kurs beworben werden soll. Netzwerkpflege ist kein Zusatz, sondern ein zentraler Bestandteil professioneller Bildungsarbeit im Rahmen von «Einfach besser!… am Arbeitsplatz».
Welche Grundhaltung braucht es für die Akquise und insbesondere für die Förderung der Grundkompetenzen?
Man muss Menschenmögen, ihnen mit Respekt und Wertschätzung begegnen und offen auf sie zugehen. Eine gute Zusammenarbeit entsteht für mich nur mit Personen, die ich mag. Sympathie, Interesse und echtes Miteinander sind die Basis. Sobald man sich fragt: «Was bringt mir diese Person?», wird es schwierig – solche Verbindungen bleiben oberflächlich oder brechen schnell wieder weg.Aktives Zuhören ist eine weitere wichtige Schlüsselkompetenz. Zuhören bedeutet, die Bedürfnisse, Sorgen und Motivationen zu verstehen. So kann man Angebote passgenau gestalten und gemeinsam Lösungen finden, die wirklich helfen.
Unternehmen zu finden, die intern Kurse anbieten wollen, um ihr Personal zu qualifizieren – müsste das nicht ganz einfach sein?
Das Angebot ist leider noch zu wenig bekannt. Viele Unternehmen wissen nicht, wie praxisnah und effektiv die Kurse im Rahmen von «Einfach besser!… am Arbeitsplatz» sind – oder wie einfach die Förderung durch den Bund funktioniert. Darum braucht es weiterhin gezielte Aufklärungs- und Informationsarbeit. Sehr hilfreich ist die Website mit vielen Praxisbeispielen und Erfolgsgeschichten. Hier finden interessierte Betriebe auch eine Liste von Anbietern aus der Region.
Welche Argumente ziehen bei den Betrieben?
Das ist sehr unterschiedlich. Je nachdem, wo der Schuh im Betrieb gerade drückt. Darum kann ich nicht einfach ein Produkt verkaufen, sondern muss gut zuhören und den Nutzen für den Betrieb herausstreichen können: Manche Branchen brauchen bestimmte Qualifikationen für ihre Belegschaft, z. B. bei Arbeitssicherheit oder Hygienestandards. Bei anderen müssen die Mitarbeitenden lernen, mit neuen digitalen Systemen umzugehen. Ein weiteres aktuelles Thema ist die gezielte Qualifizierung von Mitarbeitenden, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Der Bedarf ist sehr vielfältig. Die Mitfinanzierung durch den Bund hilft sicher bei der Entscheidungsfindung.
Was ist zu beachten, bevor ein Betrieb kontaktiert wird?
Bevor ich einen Betrieb kontaktiere, bereite ich mich gründlich vor. Ich informiere mich über das Unternehmen, seine Produkte, Dienstleistungen und aktuellen Entwicklungen. So kann ich im Gespräch auf den Betrieb eingehen und gezielt Fragen stellen.Ich schaue mir auch die Ansprechperson in den sozialen Medien an. Vielleicht gibt es gute Anknüpfungspunkte: gemeinsame Kontakte, gleiche Interessen oder ein ähnlicher beruflicher Hintergrund. Solche Gemeinsamkeiten schaffen Vertrauen und erleichtern den Einstieg ins Gespräch.Je besser ich vorbereitet bin, desto authentischer und relevanter wird der erste Kontakt – und damit steigen die Chancen auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Die GO-Weiterbildung wurde zum zweiten Mal durchgeführt. Was sind Ihre Erfahrungen bisher?
Die Zahl der Anmeldungen zum zweiten Durchgang hat uns positiv überrascht – das Interesse der Anbieter ist sehr gross. Wir haben die Module diesmal weiter ausgebaut und den Praxisbezug noch verstärkt.Das Feedback nach den ersten beiden Kursmodulen ist durchweg positiv. Besonders freut mich eine Nachricht, die mich kürzlich erreicht hat: Ein Teilnehmer berichtete, dass er die Netzwerkübungen bereits erfolgreich angewendet hat – und damit spürbare Kontakte knüpfen konnte.Insgesamt bestätigen uns diese Rückmeldungen: Die Inhalte sind relevant, praxisnah und sofort umsetzbar.
Laetitia Hardegger ist Kommunikationsprofi und Kursleiterin für das Thema Akquise in der GO-Weiterbildung. Mit ihrem Hintergrund in Unternehmenskommunikation, Bildung und Hotellerie bringt sie fundiertes Praxiswissen und frische Perspektiven in die Ausbildung für Anbieter des Förderschwerpunkts «Einfach besser!…am Arbeitsplatz».