Die Sozialen Dienste Dietikon haben sich an der Weiterbildungsoffensive der SKOS und des SVEB beteiligt. Sandra Walther, Leiterin Sozialabteilung, und Attila Stanelle, Leiter Fachstelle Arbeitsintegration, werten die Teilnahme als Gewinn.
Zehn Sozialdienststellen wurden im Rahmen der Weiterbildungsoffensive (WBO) der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) und des Schweizerischen Verbands für Weiterbildung (SVEB) beim Aufbau einer Förderstruktur für die Grundkompetenzen bedarfsgerecht unterstützt und begleitet; die Sozialen Dienste Dietikon war eine davon. Bei Sandra Walther, Leiterin der Sozialabteilung in Dietikon, und Attila Stanelle, Leiter Fachstelle Arbeitsintegration, stiess die Projektidee auf Anhieb auf Interesse.
Durchschnittlich verfügt die Hälfte der Erwachsenen, die Sozialhilfe benötigen, über keinen Berufsabschluss. In Dietikon sind es gar 68,2% der Sozialhilfeempfänger und Sozialhilfeempfängerinnen, die keine Ausbildung absolviert haben. «Dieser Umstand prädestinierte uns geradezu für eine Teilnahme», betont Walther, «und macht die Auseinandersetzung mit – oft fehlenden – Grundkompetenzen umso wertvoller.» Fehlen sie, mangelt es auch an den nötigen Voraussetzungen für eine nachhaltige Integration auf dem Arbeitsmarkt.
Fingerspitzengefühl und Expertise
Die Grundkompetenzen ins Zentrum zu stellen, sei schon lange vor der Weiterbildungsoffensive ein Anliegen gewesen. «Manchmal braucht es einen Impuls von aussen, um einen neuen Prozess in Angriff zu nehmen», so die Sozialarbeiterin. Ob Fähigkeiten in Deutsch, Mathematik oder der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien mangelhaft sind, ist oft schwierig festzustellen. «Hier ist eine Sensibilisierung der Mitarbeitenden für dieses Thema essentiell», erklärt der Leiter der Fachstelle Arbeitsintegration Attila Stanelle. «Niemand kommt und sagt: Ich kann leider nicht lesen.» Ein Manko zu bemerken, braucht Fingerspitzengefühl und Expertise. Umso mehr, weil sich viele Betroffene im Laufe ihres Lebens Ausweichstrategien erarbeitet hätten, so der Fachstellenleiter. «Ich nehme dieses Formular mit und fülle es zuhause aus», eine Strategie, die sie oft zu hören bekämen.
Attila Stanelle gründete mit weiteren Mitarbeitenden eine Arbeitsgruppe, die den Prozess fortan antrieb. An seiner Seite zwei von der Weiterbildungsoffensive engagierte Fachpersonen als Coaches. «Für das Ressort Arbeitsintegration sind die Grundkompetenzen zentral, wir erhofften uns neue Mittel, Klientinnen und Klienten noch besser begleiten zu können.» Ziel war es von Beginn weg, die Erkenntnisse zur Förderung der Grundkompetenzen professionell zu erfassen und in einem Konzept festzuhalten.
«Die Arbeitsgruppe stellte schnell fest, dass ein möglichst frühzeitiges Erkennen von fehlenden Grundkompetenzen ideal ist, damit die Integration schneller gelingen kann und die Klientinnen und Klienten in ihrer Selbständigkeit gefördert und aktiv gehalten werden können (Empowerment)», so der Wortlaut im Konzept. Massnahmen waren gefragt, die dieses schnelle Erfassen ermöglichen würden. «Hier kam das Vorwissen der Coaches ins Spiel», beschreibt der Bereichsleiter Arbeitsintegration die nächsten Schritte, «uns wurde eine Checkliste der SKOS für das Intake zur Verfügung gestellt.» Weiter wurden Mitarbeitende in der Fallführung für die Erkennung fehlender Grundkompetenzen geschult. «So konnte die Checkliste im Intake-Prozess auch richtig genutzt werden», führt Walther aus. Der erste Einblick zum Wissensstand des Klienten oder der Klientin wurde auf unkomplizierte Weise möglich.
Vernetzung von Beratung und Bildung
Im Rahmen der WBO konnten die SD Dietikon ihr Kontakte mit bestehenden Angeboten ausbauen. «Zürich hat ein grosses Angebot an sogenannten Lernstuben, in denen Kurse angeboten werden», erklärt Walther, «hier eine weitere einzurichten, war deshalb nicht nötig. Wir sind gut vernetzt mit der Lernstube Altstetten und nutzen das Angebot für unsere Klienten und Klientinnen». Eine weitere Vernetzung, die durch die WBO in die Wege geleitet wurde, war diejenige mit der Erwachsenenbildung (EB) Zürich. Eine Fachpersonen der EB Zürich kommt vor Ort, um Standortbestimmungen in Bezug auf den Bildungsstand vorzunehmen. «Diese Lernstanderhebungen sind unglaublich wertvoll für uns, da Klientinnen und Klienten so direkt für den richtigen Kurs angemeldet werden können», ergänzt Stanelle. Eine Vernetzung von Beratung und Bildung, die aus Sicht der Sozialen Dienste Dietikon nur Vorteile bringt.
Für Stanelle ist die Teilnahme an der Weiterbildungsoffensive ein Gewinn. «Wir haben so wertvolle Tools dazugewonnen, die wir in der täglichen Arbeit einsetzen können.» Walther schliesst sich seiner positiven Zusammenfassung an. «Dadurch, dass wir uns intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt haben, haben sich die Grundkompetenzen vom Mauerblümchen zur Sonnenblume entwickelt.»
Wie sich die gezielte Förderung der Grundkompetenzen weiter auf den Werdegang der 68,2% Sozialhilfebezüger und Sozialhilfebezügerinnen ohne Berufsabschluss auswirken wird, wird die Zukunft zeigen. «Noch haben wir keine Zahlen», erklärt Sandra Walther. «Die EB Zürich hier im Haus zu haben, ist aber auf alle Fälle wertvoll.» Nicht nur für Klientinnen und Klienten, für die sich dieses unkomplizierte Vorgehen bestimmt auszahle, sondern auch für die Mitarbeitenden. «Der stete Austausch mit Personen aus der Bildung hält uns à jour.» Fachwissen, von dem alle Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter der Sozialen Dienste Dietikon profitieren.
Interview
Weshalb war es für die Sozialen Dienste Dietikon wichtig, die Massnahmen für die Förderung der Grundkompetenzen in einem Konzept festzuhalten?
Sandra Walther (SW): Es war uns wichtig, das erarbeitete Wissen und die damit verbundenen Massnahmen zur Förderung der Grundkompetenzen unserer Klienten und Klientinnen auch bei Stellenwechseln von Mitarbeitenden zu erhalten.
Attila Stanelle (AS): Ausserdem war es uns ein Anliegen, unsere fachlichen und strategischen Bemühungen abzubilden.
Ein strategischer Zug auch auf politischer Ebene?
SW: Durchaus. Durch das Konzept gewinnt unsere Arbeit auch von politischer Seite mehr Rückhalt. Es wurde von der Sozialbehörde abgesegnet. Das zeigt, dass diese hinter unserer Arbeit steht.
Was half ausserdem, den Fokus auf die Grundkompetenzen zu rechtfertigen?
SW: Die Tatsache, dass sich der Bund mit dem Bundesgesetz über die Weiterbildung (WeBiG) zeitgleich für deren Förderung einsetzt, gibt der Thematik einen zusätzlichen offiziellen Anstrich.
AS: Die Grundkompetenzen werden als Voraussetzung an der gesellschaftlichen Teilhabe und der Verringerung von Armut anerkannt.
So wurde die Teilnahme an der Weiterbildungsoffensive nicht nur als Idee der Sozialen Dienste gesehen.
SW: Genau. Das Thema ist durch den Bund schweizweit vertreten. Das gibt der Förderung der Grundkompetenzen mehr Gewicht.
AS: Die WBO und das WeBiG unterstützen sich gegenseitig. Das wirkt sich insofern auf unsere Arbeit aus, dass vermehrt Kurse subventioniert werden, bei denen nicht direkt die Arbeitsintegration im Fokus stehen.
Bild: Soziale Dienste Dietikon